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Archiv-Artikel

Burschi Nolte sucht Anschluss

AFD Im März musste ein rechtsextremer Burschenschaftler als Vorstand der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative zurücktreten. Jetzt ist er wieder da

Der AfD-Landeschef verweist auf die „heterogene“ Mitgliedschaft der Partei

VON ERIK PETER

BERLIN taz | Ganz rechts außen ist in der Alternative für Deutschland (AfD) ganz viel Platz. Weil die Partei nicht gewillt ist, einen klaren Trennstrich zum rechtsextremen Milieu zu ziehen, wächst der Einfluss von Strömungen, die die Partei weiter in Richtung einer nationalistischen Ausrichtung verschieben wollen.

Gut nachvollziehen lässt sich diese Entwicklung an Benjamin Nolte. Zwar musste der extrem rechte Burschenschaftler im März von seinem Vorstandsposten in der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) zurücktreten, doch seinem Einfluss innerhalb der Partei hat das kaum geschadet. Anfang Dezember gründete Nolte die Patriotische Plattform in Bayern. In diesem Zusammenschluss organisieren sich AfD-Mitglieder, die sich „nationalliberal“ nennen. Eine offizielle Parteigliederung ist die Plattform nicht, doch die fehlende Distanzierung aus der AfD-Führung lässt viel Spielraum.

Vor sieben Monaten sah es so aus, als wäre Noltes Karriere in der AfD beendet. Nach einer Berichterstattung über seine Verbindungen ins rechtsextreme Milieu zog sich Nolte aus dem JA-Vorstand zurück. Die taz hatte seine Mitgliedschaft im Altherrenverband der vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Münchener Burschenschaft Danubia öffentlich gemacht und über einen rassistischen Vorfall auf einer Festveranstaltung der Deutsche Burschenschaft (DB) 2009 in Eisenach berichtet. Damals hatte Nolte gegen einen schwarzen Burschenschaftler gehetzt.

Die Empörung in der AfD hielt sich in Grenzen. Mit Noltes Verzicht auf sein Amt in der Jungen Alternative war die Angelegenheit erledigt. Ein Ausschlussverfahren gegen ihn wurde nicht angestrengt, zu gering seien die Erfolgsaussichten, urteilte Parteichef Bernd Lucke. Eine Abgrenzung von Nolte blieb aus. Der Eklat liege lange zurück und geschah unter Alkoholeinfluss, zudem habe sich Nolte entschuldigt, hieß es damals.

Nolte trat seitdem als Wahlkämpfer der Münchner AfD im Europawahlkampf, als Security bei Parteiveranstaltungen und auch beim Landesparteitag der AfD Bayern in Erscheinung, wie Recherchen des antifaschistischen a.i.d.a Archivs München belegen. Auch bringe Nolte zu Veranstaltung „tischweise Burschenschaftler“ mit. Umstritten scheint der Partei-Rechtsaußen nicht zu sein.

Zusammen mit einigen Burschenschaftlern und Exmitgliedern der rechtsextremen Partei Die Freiheit hat Nolte nun also die Patriotische Plattform in Bayern gegründet. Ganz nach dem Vorbild Sachsens, wo sich der rechte Parteiflügel schon seit Monaten in der Plattform organisiert. Die dort Versammelten bekämpfen den als zu liberal kritisierten Kurs von Parteichef Lucke. Dabei ist ihnen kein Populismus zu billig. In der Gründungserklärung heißt es: „Das deutsche Volk ist die Gesamtheit der Menschen, die unsere Kultur tragen.“ Was die Plattform unter Liberalismus versteht, schiebt sie hinterher: „Wir sind gerne Deutsche und heißen jeden in unserer Mitte willkommen, der unsere Sprache spricht, der sich wie wir mit unserem Land identifiziert und sich als Deutscher versteht, ganz gleich, wo seine Eltern geboren sind.“

Aus diesem Selbstverständnis heraus wollen die Mitglieder der Plattform die AfD zum parlamentarischen Arm der Pegida-Bewegung machen. Was Pegida noch fehle, sei „eine Partei, die den Protest in die Parlamente trägt“, schrieb Hans-Thomas Tillschneider, Mitglied des sächsischen Landesvorstandes der AfD und der Patriotischen Plattform auf der Website der Plattform.

Zum AfD-Landesparteitag brachte Nolte „tischweise Burschenschaftler“ mit

Aus der AfD hört man zu der Plattform wenig. Bayerns Landesvorsitzender Andre Wächter verweist auf Nachfrage der taz darauf, dass die Mitgliedschaft der Partei eben „heterogen“ sei, er daher „keine Probleme“ mit dem Zusammenschluss habe. Auch die Teilnahme einiger AfDler an einer Pegida-Demo in Würzburg sei „deren gutes Recht“. Andererseits betont Wächter, dass es sich um keine Organisationsstruktur der AfD handele. Denselben Status hatte anfänglich auch die Junge Alternative, bis sie schließlich offiziell anerkannt wurde. Befürwortet er solch einen Weg auch für die Patriotische Plattform? „Das muss die Bundesebene der Partei entscheiden.“

Uwe Wurlitzer, Generalsekretär im von Frauke Petry geführten sächsischen Landesverband der AfD, sieht dagegen jeden Landesverband selbst dafür verantwortlich, die Strömung anzuerkennen oder nicht. Obwohl die Plattform in Sachsen seit Monaten stark vertreten und prominent besetzt ist, sagt Wurlitzer, er habe sich mit „deren Inhalten noch nicht beschäftigt“.

Die Begeisterung der Plattform-Mitglieder für Pegida hält auch Wurlitzer nicht für problematisch. Gegenüber der taz bestätigt er, dass die Organisatoren der Dresdner Demo von der Fraktion in den Landtag eingeladen wurden. Das Treffen soll im Januar stattfinden.

Wurlitzer und Wächter sind durchaus repräsentativ für den Kurs der Gesamtpartei. Wohl in dem Wissen, dass die Patrioten näher an der Stimmung der Basis sind als der um sein Überleben kämpfende Flügel um Lucke und Hans-Olaf Henkel, lässt man sie gewähren und vermeidet inhaltliche Kritik. Solange die Strömung kein offizielles Parteiorgan ist, kann man sich bei kritischen Nachfragen bedeckt halten. Für Nolte und Konsorten ist das eine gute Nachricht. Vielleicht macht Benjamin Nolte doch noch Karriere in der AfD.