: „Ciceros“ Sättigungs- beilage
VERKAUF Das Magazin „Literaturen“ verliert seine Selbstständigkeit
Die Nachricht schreckt die Literaturwelt auf: der zur Klett-Gruppe gehörende Friedrich Berlin Verlag hat das Magazin Literaturen an den deutschen Ableger des Ringier Verlags verkauft, in dem auch die Magazine Cicero und Monopol erscheinen. Und mit der Cicero soll Literaturen – die Auflage lag zuletzt bei etwa 15.000 Exemplaren – nun auch verschmolzen werden. Voraussichtlich fünfmal im Jahr erscheint Literaturen fortan als Beilage der Zeitschrift, die Wolfram Weimer einst als konservatives Sturmgeschütz entwickelt hatte und die nun unter der Leitung von Michael Naumann unauffällig, aber nicht erfolglos mit namhaften Autorinnen und Autoren ein bisschen bildungsbürgerlichen Glanz in die Oberschichtswohnzimmer bringt.
Zwar soll die bisherige Redaktion unabhängig bleiben, dennoch wird Literaturen zum Nebenprodukt erklärt, zu einer Literaturbeilage also, die den meisten Zeitungen ja auch deshalb beiliegt, weil sie viele Verlagsanzeigen mit sich bringt. Literaturen ist damit, so steht zu befürchten, als Experiment gescheitert. Von Sigrid Löffler im Jahr 2000 gegründet, sollte das Magazin die literarische Debatte in Deutschland prägen, doch die zu enge Bindung der Texte an Buchneuerscheinungen ließ das Projekt von vornherein kränkeln. Eine Debatte kam nie auf. Vom Verlag, der Literaturen ohnehin mehr als Produkt denn als Aufgabe begriff, kamen zudem keine aufmunternden Impulse. Im Gegenteil, er verlor recht schnell die Lust am Blatt. Seine Gründerin schied schließlich im hässlichen Streit mit dem Verlag aus der Redaktion aus.
Mit der jüngsten Entwicklung ist nun wohl für längere Zeit die Chance verspielt, ein bedeutendes Literaturblatt etablieren zu können, das aus der Nische herausragt. Oder sollte Ringier Deutschland doch große Pläne für Literaturen haben? Die Beilagenlösung lässt darauf nicht hoffen. JÖRG SUNDERMEIER