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Archiv-Artikel

Kaum Platz für Freiräume

Eine Ausstellung mit 15 studentischen Entwürfen für den Stadtwerder zeigt, wie die geplante Bebauung einmal aussehen könnte. Neben wuchtigen Wohnblöcken bleibt oft wenig Platz für Grünes

von JAN ZIER

Der Bauplan an sich ist für viele BremerInnen immer noch eine Zumutung. Geht es doch um den Stadtwerder, einen Ort also, den mancher – mit Senatsbaudirektor Uwe Bodemann – für den „schönsten Ausflugsort Bremens“ hält. Seit einem halben Jahr aber steht fest: Der Stadtwerder wird bebaut, fünf Investoren rund um Gewoba und Brebau wollen in den kommenden zehn Jahren 60 bis 80 Millionen Euro in die rund 100.000 Quadratmeter rund um die „umgedrehte Kommode“ investieren. Es ist damit das größte Wohnungsbauprojekt Bremens seit Entstehung der Vahr. Wie diese Bebauung einmal aussehen könnte, ist seit gestern in einer Ausstellung im ehemaligen Siemenshochhaus zu sehen. 15 ausgewählte städtebauliche Entwürfe für den Stadtwerder werden dort bis einschließlich Freitag noch präsentiert.

Entstanden sind sie im vierten Semester der „School of Architecture“ der Hochschule Bremen, unter der Leitung von Klaus Schäfer und Martina Wimmer vom Lehrstuhl Städtebau und Entwerfen. Schäfer plädiert dafür, auf dem Stadtwerder deutlich mehr als die derzeit geplanten 250 Wohneinheiten zu bauen. „Wenn dort 2.000 Menschen mitten in der Stadt wohnen, dann ist das doch ein Gewinn“, sagt Schäfer, „unabhängig davon, wie die Architektur nachher aussieht.“ Zum Beispiel, weil diese Menschen mit dem Fahrrad ins Zentrum fahren, nicht mit dem Auto.

Entsprechend wuchtig präsentiert sich manch einer der Entwürfe im Maßstab von 1:1.000. Da werden mit kleinen Holzklötzchen mitunter große Wohnblöcke anordnet, wahlweise L-, Z-, O- oder trapezförmig, manchmal auch als Kubenpark, eine dichte, auch zum Ufer hin oft eher geschlossene Bebauung, weitgehend frei von freistehenden Einfamilienhäusern.

„Das Grundstück ist zu wertvoll, um es mit Einfamilienhäusern zu bebauen“, sagt der Bremer Stadt-Architekt Manfred Schomers, der unter anderem das Uni-Gästehaus auf dem Teerhof entworfen hat. Das sehen auch viele Architektur-StudentInnen der Hochschule Bremen offenbar so. Die „natürlichen Räume“ auf dem Stadtwerder, räumt Schäfer ein, „haben mitunter stark gelitten“.

Bodemann will sich damit nicht zufrieden geben. „Das ist doch eine irre Qualität“, sagt er – und erinnert an den Kampf von AnwohnerInnen für eine möglichst parkähnliche Werder-Halbinsel. „Und diese Qualität haben die Menschen hier erst einmal verteidigt.“ Schäfer hingegen will die künftigen BewohnerInnen des Stadtwerder vor allem „zusammen bringen“ – und das gelinge nun einmal nicht mit „Freiräumen“, welche die Menschen „voneinander trennen“.

In manch studentischen Entwurf findet sich die Natur indes eher als graphische Gestaltungsgrundlage wieder: Da wird die Halbinsel als „blattförmig“ interpretiert, und entlang von wenigen Straßen, bisweilen auch einem Boulevard, mit Geschosswohnungsbau versehen. Auch anderswo tauchen organische Formen auf, mit geschlängelten Straßen und unzähligen, gegeneinander verschobenen Wohnblöcken etwa, die ein wenig an ein Tattoo in Form eines Tribals erinnern.

Platz für Grünes findet sich in gleich mehreren Plänen in Form von auf der Halbinsel weiter gedachten Wallanlagen, rund um die „umgedrehte Kommode“ – ein Konzept, was historisch allerdings nicht verbürgt ist. Westlich davon planen einige Studierende mit wenigen größeren, architektonisch an die nahe liegende Hochschule angelehnten, Institutsbauten, wahlweise auch für Gewerbe nutzbar. Nur ein einziger angehender Stadtplaner traut sich, an dieser Stelle dem neoklassizistischem Backsteinbau des Wasserturms ein alles überragendes Hochhaus entgegen zu setzen. Dafür werden seine Klötzchen zu den Kleingärten hin etwas filigraner. Kleingärten, auf die ein Architekt wie Schomers übrigens gerne verzichten würde.

Die umgedrehte Kommode an sich bleibt in allen Entwürfen unbelassen. Ihr Dachaufbau soll nun einem Kompromiss zufolge doch eingeschossig werden, sagte Bodemann gestern, Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki hat sich also mit seinem Widerstand gegen gleich zwei zusätzliche Geschosse durchgesetzt. Derzeit läuft noch eine Bauvoranfrage. Anschließend soll es einen – von den neuen Bauherren bezahlten – Architektenwettbewerb geben.