: Fragwürdiges Bekennerschreiben
Atomkraftgegner wollen den Brandanschlag auf Fahrzeuge von Eon im niedersächsischen Sarstedt begangen haben. Die Polizei prüft die Echtheit des Bekennerschreibens. Das wirft allerdings mehr Fragen auf, als es beantwortet
Atomkraftgegner haben sich zum Brandanschlag auf dem Gelände des Stromkonzerns Eon in Sarstedt (Kreis Hildesheim) bekannt. In ihrem Schreiben bezeichnen die Autoren die „Vielfalt zwischen Massenmilitanz, Stromwechsel, Farbbeutelanschlag, Demo und Strommasten absägen“ als die „Stärke der Anti-AKW-Bewegung“. Die zuständige Polizeidirektion Hildesheim äußerte sich bisher nicht zu dem Schreiben. Laut Sprecher Oliver Müller wird zunächst dessen Authentizität geprüft.
Auf dem Firmengelände der Eon Avacon AG in Sarstedt waren in der Nacht zu Dienstag sechs Autos, Sonderfahrzeuge und Busse in Flammen aufgegangen (taz berichtete). Die Polizei hatte gleich einen politischen motivierten Brandanschlag vermutet, da das Gelände umzäunt ist und alle Fahrzeuge gleichzeitig in Brand gerieten. Das scheint sich durch das Bezichtigungsschreiben zu bestätigen. Die Polizei will allerdings zunächst prüfen, ob es echt ist oder „Trittbrettfahrer“ die Gelegenheit nutzen wollen, mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit zu treten.
Dafür gibt es in der Tat Anhaltspunkte: Erfahrungsgemäß verwenden Gruppen, die militante Anschläge vorbereiten, viel Mühe auf das Verfassen des Bekennerschreibens – schließlich soll dadurch der Hintergrund der Tat vermittelt werden. Diese Autoren hingegen haben ihr Schreiben nicht gerade dezidiert ausgearbeitet. Es strotzt vor grammatikalischen und orthographischen Fehlern. Auch wird darin kaum erklärt, welcher Zusammenhang zwischen Eon und ihrer Kritik an der Atomkraft besteht. Zwar werden die Störfälle in den AKW Krümmel und Brunsbüttel erwähnt. Die beiden Atomkraftwerke aber werden nicht von Eon betrieben, sondern von Vattenfall. So heißt es auch nur lapidar, es sei ein Ziel des Brandanschlages, „aufzuzeigen, dass Energiekonzerne wie Eon, EnBW und Vattenfall nicht unsichtbar sind und eine große Angriffsfläche für Kritik mittels verschiedener Aktionsformen bieten“.
Darüber hinaus senden die Autoren Grüße an die Teilnehmer eines Anti-AKW-Camps in Sibirien, das Ende Juli vermutlich von Neonazis überfallen worden war. Dabei wurde ein Atomkraftgegner getötet.
Keine neuen Erkenntnisse gibt es über die Urheber der Bombenattrappen, die im schleswig-holsteinischen Norderstedt ebenfalls in der Nacht zu Dienstag einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst hatten. Dazu liegt bisher kein Bekennerschreiben vor. ELKE SPANNER