: Geld und Abschiebung
HOLLAND Kurdin gewinnt umstrittene Show
Am Ende war es vorbei mit der Ironie. Den Hauptpreis, einen Koffer mit 4.000 Euro, in der Hand, blickte die Gewinnerin voller Ernst in die Kamera und wandte sich mit eindringlicher Stimme an die Nation: „Niederlande, seht ihr jetzt, was ich euch zu bieten gehabt hätte?“ Soeben hatte die Studentin Gulistan, Tochter kurdischer Armenier, das Finale der kontroversen Quizshow „Weg van Nederland“ (Raus aus den Niederlanden) im öffentlich-rechtlichen Sender VPRO für sich entschieden.
Das Konzept hatte im Vorfeld für Wirbel gesorgt: Fünf junge Erwachsene, Kinder von Asylbewerbern oder, wie die Kamerunerin Blessing, als Jugendliche selbst geflohen, die Fragen zu Alltagskultur, Sprache und Geschichte beantworten. „Durch jahrelange Prozeduren hatten sie genug Zeit, sich vorzubereiten“, ließ der Moderator keinen Zweifel an der Stoßrichtung: konsequenter Sarkasmus, der die tägliche Abschiebepraxis ebenso aufs Korn nimmt wie die grassierende Überfremdungsangst im Land.
Über Stil und Ethik des Programms wurde viel gestritten, der politische Gehalt indes war unverkennbar. „Asylbewerber kommen, um sich etwas von unserem Wohlstand zu holen“, hieß es. Ein fiktiver Werbespot einer Monopoly-Abwandlung namens „Asylanten“ parodierte: „Genozid im Herkunftsland? Nicht zu beweisen. Pech gehabt. Keine Aufenthaltsgenehmigung!“
Ziel der Verantwortlichen war es, mit der Gratwanderung zwischen Zynismus und Entertainment auf die Schicksale junger Asylbewerber aufmerksam zu machen. Das Konzept ging nicht auf. Knapp 2 Prozent der niederländischen Haushalte schaute zu, und auch die mediale Debatte hielt sich in Grenzen – zumindest verglichen mit der Aufmerksamkeit im Ausland.
Und selbst dort, wo die Sendung hohe Wellen schlug, war der Tenor meist, ob eine solche Unterhaltungsshow ethisch vertretbar sei. Die Frage nach der dortigen Asylpolitik schien zu weit entfernt, um sie zu stellen.
TOBIAS MÜLLER, AMSTERDAM