: Die Revolution hat Geburtstag
Vor 25 Jahren erblickte die CD das Licht der Welt. Das neuartige Medium kam aber nicht aus Tokyo oder New York – sondern aus dem niedersächsischen Langenhagen
Peter Maffay war der Letzte. Alle Bravo-Starschnitte nach ihm wurden bereits überschattet von einem neuen Musikzeitalter, das sich digital schimpft. Völlig ahnungslos ob der revolutionären Veränderung hängten im Juli 1982 noch Millionen von Teenagern Maffays linkes Bein in ihren Jugendzimmern auf.
Am 17. August aber, inzwischen schnitten die jungen Musikzeitschriftenleser die mittlerweile unbekannten Schauspieler der TV-Serie „Die Profis“ aus, erblickte sie das Licht der Welt – die CD. Und die erste Compact-Disc kam nicht etwa aus New York oder London, sondern aus dem niedersächsischen Langenhagen. Das dortige Presswerk EDC – damals Teil der Philips-Konzernfamilie –entwickelte das Medium mit einem Durchmesser von zwölf Zentimetern, kurz bevor Sony sein eigenes Format herausbrachte. In Langenhagen selbst ruft das 25-jährige Jubiläum der Compact Disc allerdings nur Schulterzucken hervor. Keine Feier und kein Konfetti – der Geburtstag des weltberühmten Silberlings wird von der Kleinstadt einfach übergangen. „Wir haben hier nichts geplant“, sagt eine Rathaussprecherin.
Dabei sorgte die CD in den 80er Jahren für allerhand Tumult in der globalen Musikszene. So befürchteten die Traditionalisten, dass die gute alte Langspielplatte vom Aussterben bedroht ist. „The great LP vs. CD War“ nannte im August 1986 das Magazin Time den Konflikt zwischen Gegnern und Befürwortern der Compact Disc. „Viele befürchteten, dass sich die Musik zu clean anhört“, sagt Klaus Farin. Für den Leiter des Berliner Archivs der Jugendkulturen ist die CD der „Übergang vom traditionellen Medium bis zu einer Zeit, in der das Medium unwichtig geworden ist.“ Deshalb bezeichnet Farin die CD als „wichtigen Zwischenschritt“ zwischen der Schallplatte und Speichern in Kugelschreibergröße. Ihr Werdegang ist einzigartig, nicht zuletzt hat sie zur Massenkompatibilität von Musik jedes Genres beigetragen. Trotz der neuen Möglichkeiten, die heutzutage das Internet Musikliebhabern bietet, werden jährlich weltweit bis zu zwölf Milliarden CDs hergestellt – bespielte und unbespielte. Alleine EDC in Langenhagen produzierte 2006 etwa 158 Millionen Silberlinge. Und selbst wenn die Branche über einen Rückgang der Audio-CD klagt, kann sie diesen durch steigende Zahlen in der DVD-Produktion ausgleichen. Das Format des Zwölf-Zentimeter-Silberlings scheint sich zu bewähren.
Die sieht allerdings für Schallplatten und für die aus der Mode gekommenen Kassetten düster aus. Dabei hat sich das Vinyl immerhin einen kleinen Platz im Herzen vieler Musikliebhaber erkämpft, den ihm so schnell kein Medium nehmen kann: „Die Schallplatte wurde schon vor Jahren für tot erklärt“, sagt Klaus Farin. Besonders DJs aus der Techno- und HipHop-Szene, weiß der Experte für Subkulturen, arbeiten ausschließlich mit Platten.
Diesen Trend zur Tradition hat auch das Presswerk erkannt, das vor 25 Jahren der Schallplatte den vermeintlichen Todesstoß gab. So können die Kunden von EDC seit einiger Zeit auch CDs im Vinyl-Look pressen lassen. „Ich glaube, die Leute machen das“, sagt Adam Erdmann vom Kundenservice des Unternehmens, „weil sie sich gerne an ihre Schallplatten zurückerinnern“.UTA GENSICHEN