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Archiv-Artikel

Meister der Konter

Bayern liefert in Bremen beim 4:0 eine Gala-Vorstellung. Werder freut sich unterdessen auf die Rückkehr der Routiniers Borowski, Frings und Fritz

AUS BREMEN KLAUS IRLER

Am Samstag Nachmittag um kurz vor halb vier kommt ein Mann aus dem Spielertunnel im Weser-Stadion, ganz alleine. Ohne Eile schlendert er über den Rasen, das Jackett lässig über die Schulter geworfen, die andere Hand in der Hosentasche. Der Mann lächelt, und wäre diese Szene Teil eines Stummfilms, dann würde man sagen: Er ist mit sich und der Welt im Reinen. Setzt man dann allerdings eine Tonspur dazu, offenbart sich: Der Mann mag der Welt im Reinen sein – aber die Welt ist es nicht mit ihm.

„Ey, du Arschloch!“, schreit es ihm aus tausenden Kehlen entgegen, denn der Mann heißt Uli Hoeneß und ist Manager des FC Bayern München. Sein Auftritt ist die perfekte Provokation des Bremer Lagers und macht nicht nur ihm und den Bayern-Fans Spaß, sondern hat auch etwas Fürsorgliches: Hoeneß stellt sich der Situation im Weser-Stadion noch vor Miroslav Klose. Den nämlich hat er den Bremern auf unschöne Art und Weise abspenstig gemacht, und weil Klose den Avancen gefolgt ist, wird auch er mit „Arschloch“-Sprechchören empfangen.

Kloses offizielle Verabschiedung, die Werder ausgerechnet vor dieser Partie über die Bühne bringen wollte, geht unter im gellenden Pfeifkonzert. Kurz danach wird er vom überforderten Naldo in der dritten Minute rüde gefoult, hat ansonsten keine nennenswerten Szenen mehr und bleibt nach der Pause mit einer Knieverletzung in der Kabine.

Bayern München besiegt Werder Bremen trotzdem souverän mit 4:0. Ein Klose hin oder her ist für den FC Bayern gegenwärtig keine spielentscheidende Frage: Nicht nur, weil beispielsweise Hamit Altintop auch Tore schießt und Vorlagen gibt. Sondern vor allem, weil die Defensive sicher steht und im Mittelfeld mit Franck Ribéry ein Regisseur unterwegs ist, der dem Spiel der Bayern einen eindrucksvollen Zug nach vorne verleiht.

Erfreulich war für die Bremer immerhin die erste Halbzeit, denn: Werder schaffte es, auf Augenhöhe mitzuspielen. Nach dem Standfußball beim Pokalspiel in Braunschweig und dem mühsamen 2:2 gegen Bochum sah Werder-Sportdirektor Klaus Allofs gar „die besten 45 Minuten, die wir in dieser Saison bisher gehabt haben.“ Trotz schnellen Spiels gab es allerdings auf beiden Seiten nur jeweils eine klare Torchance. Und dann gab es diese Begegnung zwischen Bayern-Stürmer Luca Toni und Werders Petri Pasanen im Bremer Strafraum, bei der Toni zu Recht bemerkte, dass sich aus Pasanens naivem Einsatz gut ein Foul machen lässt – Trainer Ottmar Hitzfeld beurteilte die Szene später als „Einzelleistung von Luca Toni, die nötig war, um in Führung zu gehen.“ Den Elfmeter verwandelte Ribéry (31.).

In der zweiten Halbzeit dachten die Bremer, sie müssten die Abwehr auflösen, um tief in Bayerns Hälfte gemeinsam ein Tor zu machen. Der Einladung zum Torerfolg durch Konter folgten Luca Toni (51.) und Hamit Altintop (79.). Beim 4:0 ließen die längst müde gewordenen Bremer dann dem jungen Andreas Ottl Zeit und Raum für einen Schuss aus 20 Metern in den Torwinkel. Die Bayern, sagte Werder-Trainer Thomas Schaaf, würden im Lauf der der Saison „sicherlich schwerere Spiele bekommen, als wir ihnen das heute anbieten konnten.“

Bei der Suche nach den Gründen für Werders schlechte Verfassung nannte Sportdirektor Klaus Allofs einmal mehr die vielen verletzten Stammspieler wie Torsten Frings oder Clemens Fritz und die verkorkste Vorbereitung. Abwehrchef Naldo zum Beispiel sei nach seinem Einsatz bei der Copa America einfach „noch nicht fit“, der Neuzugang im Mittelfeld, Carlos Alberto, habe „noch nicht die Bindung“ zur Mannschaft, außerdem fehle es noch am körperlichen Zustand – über das Ziel, um die Meisterschaft mitzuspielen, will Allofs da nicht mehr reden: „Wir haben erst mal andere Probleme.“ Zu lösen seien die mit Geduld – am Kader aber möchte Allofs vorerst nichts ändern.