: Singen für deutsche Soldaten: „Für uns ist es eine große Ehre“
Heute fährt die Bremer Musical Company nach Usbekistan, anschließend zu den deutschen Truppen nach Afghanistan. Ein Gespräch über Angst und militärisches Entertainment
THOMAS BLAESCHKE ist Textdichter, Komponist und Künstlerischer Leiter der Bremer Musical Company.
taz: Haben Sie Angst?
Thomas Blaeschke, Künstlerischer Leiter der Bremer Musical Company: Nein.
Die Bremer Musical Company fliegt zu einer Zeit nach Afghanistan, in der darüber nachgedacht wird, das deutsche Truppenkontingent aus Sicherheitsgründen zu verstärken.
Man macht sich so seine Gedanken. Aber ich fühle überhaupt nichts negatives im Augenblick.
Wenige Tage nach einem Mordanschlag auf deutsche Polizisten?
Die Diskussion wird es immer geben, in jedem Kriegsgebiet. Wichtig ist, dass wir die Möglichkeit haben, dem Land zu helfen, in dem wir Soldaten, die dort Leib und Leben riskieren, ein paar schöne Stunden beschweren.
Sie haben die Reise im Mai schon einmal abgesagt.
Aber aus politischen Gründen, nicht wegen der Gefahr. Damals fand gerade eine Trauerfeier für getötete deutsche Soldaten statt – da wäre es nicht gut gewesen, gleich wieder Party zu machen. Aber die Soldaten sagen: Jetzt müssen wir auf jeden Fall weiter machen, wir haben einen offiziellen Auftrag, etwas für die Menschen in Afghanistan zu tun. Zudem dürfen wir das Bundeswehr-Camp überhaupt nicht verlassen.
Wie sieht das Programm aus?
Geplant sind zwei Konzerte im Stützpunkt Mazar-e-Sharif und ein Musical-Dinner in Kabul für deutsche und französische Truppen. Außerdem wird das Ensemble einen Gottesdienst vor Ort mitgestalten.
Was spielen Sie da?
Wir haben völlig freie Hand. Es werden beispielsweise Stücke aus „Evita“ dabei sein, aus „Maria Stuart“, aus „Jekyll und Hyde“, aus „Die Schöne und das Biest“, aus „Queens“ und aus „Mamma Mia“.
Vorher sind Sie in Usbekistan. Was machen Sie da?
Dort sind wir im offiziellen Auftrag des Auswärtigen Amtes und des Goethe-Instituts unterwegs. Wir werden dort am internationalen Musikfestival in Samarkand teilnehmen und zudem ein Konzert für die Truppen am Luftwaffenstützpunkt in Süd-Usbekistan geben. Für uns ist es eine große Ehre, die Bundesrepublik Deutschland und die Freie Hansestadt Bremen zu vertreten.
Sie sehen sich in der Tradition auch von Marlene Dietrich. Damals ging es aber um die Belustigung der Wehrmacht.
Die Truppenbetreuung ist etwas ganz normales, sie hat eine lange Tradition bei den westlichen Mächten, in Frankreich ebenso wie in den USA. Ich beziehe das sicherlich nicht auf irgendwelche Vergangenheit, die mich auch nicht mehr betrifft. Es wird hier etwas gutes getan für Soldaten, die ihr Leben für Menschen riskieren, die im Augenblick keine andere Chance haben. Sie tun das im Auftrag der UNO. Und die Deutschen sind heute sehr beliebt in Afghanistan.
Sie waren 2002 auch schon im Kosovo, 2003 in Bosnien-Herzegowina. Wie war ihre Erfahrung da?
Sehr positiv. Bevor wir in den Kosovo fuhren, war ich sehr viel skeptischer.
Was bezahlt Ihnen die Bundeswehr für den Auftritt?
Den Flug, die Unterkunft und die Verpflegung. Und wir bekommen eine Pauschale von 5.000 Euro für die Technik. Das ist alles. Gage für die KünstlerInnen gibt es keine.
Haben Sie Sponsoren?
Nein.
Setzen sie als auf den Imagegewinn?
Jeder Auftritt zieht wieder andere Auftritte nach sich. Aber ich weiß nicht, ob ein Soldat uns dann für seine Silberhochzeit bucht.
Aber für die Ehre allein werden Sie es nicht machen.
Die Frage ist: Hätten wir es auch im Weihnachtsgeschäft gemacht? Das kommt darauf an, wie viel wir gerade zu tun haben.
Interview: Jan Zier