: Ein Deutscher kämpft von Indien aus
Als die Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln bekannt wurde, war Sebastian Edathy einer der ersten Politiker, die ihr Entsetzen bekundeten. Obwohl er eigentlich tausende Kilometer von Berlin entfernt war: in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Dass Edathy seitdem trotz der weiten Entfernung in Deutschland auf allen Kanälen zu dem Thema läuft, liegt nicht nur daran, dass sich aufstrebende Nachwuchspolitiker gewöhnlich für Journalisten so erreichbar wie möglich machen. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland ist ein Hauptanliegen des SPD-Politikers.
2005 übernahm der 37-Jährige den Vorsitz des wichtigen Innenausschusses im Bundestag. In dieser Funktion ist er auch für Integration und den Kampf gegen rechts zuständig.
Edathy war nicht nur einer der Ersten, die die Ereignisse in Mügeln verurteilten. Er tat dies auch besonders nachdrücklich. „Dass Ausländer von einem Mob durch die Straßen getrieben wurden, ist ungeheuerlich“, ruft er ins Mobiltelefon. Bundesweit würden jeden Tag drei Menschen Opfer rechtsextremer Gewalt.
Edathy sagt auch etwas, was viele Ostdeutsche nicht hören wollen: „In Ostdeutschland haben Dunkelhäutige ein vielfach höheres Risiko, Opfer eines Übergriffs zu werden, als in Westdeutschland.“ Was Edathy besonders beunruhigt, ist das „erstaunlich junge Gesicht“ des deutschen Rechtsextremismus. „Höchste Zeit, gegenzusteuern.“ Er fordert „null Toleranz“ und „öffentliche Ächtung rechtsextremer Täter“. Zu einer „Kultur des Hinsehens“ will er auch über Präventionen gelangen. Schon im Kindergarten müsse klar vermittelt werden, dass Gewalt kein Mittel zur Konfliktlösung sei.
In seiner eigenen Schulzeit habe er sich gegen Diskriminierung eingesetzt, sagt er. Er wurde Schülersprecher. Mit 21 Jahren trat er der SPD bei. Er wurde Juso-Vorsitzender im Landkreis Nienburg in Niedersachsen.
„Es ist immer leichter, Menschen zu diskriminieren, die anders aussehen“, sagt Edathy. Ein wenig kennt er das aus eigener Erfahrung. Edathy wurde in Hannover als Sohn einer deutschen Sekretärin und eines Pastors aus dem südwestindischen Kerala geboren. Sein Vater war in den 60er-Jahren nach Deutschland gekommen, um evangelische Theologie zu studieren. „Mit dem Sohn des Pastors geht man aber anders um als mit dem Kind des türkischen Arbeiters“, sagt Edathy. Als er 15 war, zog die Familie in ein Dorf nahe Nienburg. 14 Jahre später gewann er den Wahlkreis Nienburg-Schaumburg.
Sein Engagement bringt ihm Ärger: In seinem Büro steht ein grauer Leitz-Ordner, in dem Edathy die Schmäh- und Drohbriefe einheftet, die er bekommt. PETRA KILIAN