: Editorial
Zehn Jahre ist das jetzt schon her. Diejenigen von uns, die damals schon in der taz arbeiteten, an jenem 11. September 2001, können sich noch erinnern, wie das war, als kurz vor 15 Uhr deutscher Zeit die Meldung über die Agenturen kam: „Ein Flugzeug hat am Dienstag das World Trade Center in New York gerammt. Nach Fernsehberichten handelte es sich um eine zweimotorige Kleinmaschine. Rauch drang aus dem Gebäude; über mögliche Opfer war zunächst nichts bekannt.“ Wir wissen alle, wie es weiterging, wie sich aus dieser AFP-Kurzmeldung über den vermeintlichen Unfall einer Cessna ein ganzes Jahrzehnt des Terrors und des „Kriegs gegen den Terror“ entspann.
Zehn Jahre danach fragen wir uns, wer eigentlich vom 11. September profitiert hat. Wem haben die Anschläge genutzt, wer hat sie ausgenutzt? Um bewerten zu können, was seither geschehen ist, schien uns diese Frage wichtig, und doch kamen auch sofort Zweifel: Ist es nicht zynisch, angesichts 3.000-fachen Todes – und der Hunderttausenden, die seither in den Kriegen ums Leben gekommen sind – nach „Profiteuren“ zu fragen? Wir meinen: Nein, im Gegenteil. Zynisch ist vielmehr, wie die damals amtierende Bush-Regierung den 11. September ausgebeutet hat. Zur Erinnerung: Bush war acht Monate zuvor nicht durch einen Wahlsieg, sondern durch eine umstrittene Entscheidung des mehrheitlich konservativ besetzten obersten Gerichtshofs ins Amt gekommen, nachdem das Chaos der Wahlen in Florida kein eindeutiges Ergebnis hatte produzieren können. Diese Regierung hatte kein Mandat, um die radikalen Pläne der neokonservativen Außen- und Militärpolitiker umzusetzen, die diese in der Schublade hatten. Nach 9/11 hatte sie freie Hand. Jede Kritik wurde als unamerikanisch abgekanzelt, der Schock des 11. September machte es möglich. Im Ergebnis führten die USA zwei Kriege, der Militärhaushalt verdoppelte sich, der militärisch-industrielle Komplex scheffelte Milliardengewinne und der Staat ist pleite. Das ist zynisch.
Quer durch die Ausgabe verstreut haben wir Dinge beschrieben, die durch 9/11 ins Bewusstsein gerückt oder überhaupt erst entstanden sind. Wir wünschen anregende Lektüre.
JANA PETERSEN UND BERND PICKERT