: Frauenförderung beim Einkauf
GLEICHE CHANCEN Oft arbeiten Frauen unter erschwerten Bedingungen. Das gilt erst recht in Entwicklungs- und Schwellenländern. Fairtrade schafft Abhilfe – nicht nur beim Geld
VON VOLKER ENGELS
Besonders Frauen profitieren von den Regeln des fairen Handels: „Die Produzenten verpflichten sich, Frauen gleichberechtigt zu behandeln, die gleichen Löhne wie für Männer zu zahlen und wirksame Arbeitsschutzmaßnahmen zu garantieren“, sagt Saphir Robert, Referentin beim Bundesverband der Verbraucherinitiative e. V. Von diesen Regeln profitieren zwar auch Männer, Frauen und Kinder haben aber auch noch weitere Vorteile: „In einigen Betrieben des fairen Handels gibt es zum Beispiel Schulen, in denen die Kinder eine Ausbildung erhalten, während die Mütter auf den Plantagen arbeiten“, so die Referentin für den Bereich Nachhaltigkeit weiter. Auch die Betriebe haben einen Vorteil, wenn sie ihren Beschäftigten faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen bieten: „Frauen“, zeigt sich Saphir Robert überzeugt, „handeln nämlich oft stärker als Männer im Interesse der Gemeinschaft, zu der natürlich auch die Familie gehört.“ Dabei zeigten sie eine „größere Kontinuität und Verlässlichkeit“ als viele Männer.
Die Vorteile fair gehandelter Produkte lassen sich am Beispiel Schnittblumen dokumentieren: Viele der Blumen kommen von afrikanischen oder lateinamerikanischen Blumenfarmen, auf denen die meisten Beschäftigten Frauen sind. Was in der heimischen Vase in Deutschland betörend duftet, ist für die Arbeiterinnen auf den Blumenfarmen häufig mit großen Gefahren für Leib und Leben verbunden. Von „alarmierenden Pestizidvergiftungen“ beim Blumenanbau spricht die Menschenrechtsorganisation Fian (FoodFirst Informations- & Aktions-Netzwerk) mit Sitz in Köln. Auf den Blumenplantagen arbeiten vorwiegend Frauen“, weiß Fian-Geschäftsfüherin Ute Hausmann, „die besonders in der Schwangerschaft vor gesundheitsschädlichen Pestiziden geschützt werden müssen“. Verbraucher, die beim Einkauf auf fair gehandelte oder auf FLP-Blumen (Flower Label Programm) setzen, „helfen mit, dass die Rechte der Arbeiterinnen nicht weiter verletzt werden und die Umwelt geschont wird“. Denn beide Siegel stellen unter anderem sicher, dass sich die Arbeiterinnen in einer Gewerkschaft organisieren können, um die eigenen Interessen zu vertreten – und dass sie eine angemessene Entlohnung für ihre Arbeit erhalten.
Dass Frauen nicht ausreichend bezahlt werden, dass gewerkschaftliche Engagement untersagt wird, ist keine Seltenheit in vielen Ländern des Südens, weiß Ute Hausmann: „Hungerlöhne, die zum Teil unter den gesetzlichen Mindestlöhnen liegen, ermöglichen den Arbeiterinnen und Arbeitern und ihren Familien keine ausreichende Ernährung. Trotz harter Arbeit stehen ihnen in der Regel weniger als ein Dollar pro Kopf und Tag zur Verfügung. Zusätzlich fehlen der Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung und Bildung. Trotz ihrer Arbeit für internationale Märkte können sie der Armut nicht entkommen“, kritisiert die Geschäftsführerin. Umso wichtiger sei es, dass Konsumenten beim Einkauf auf fair gehandelte Produkte setzten.
Zahlreiche Beispiele hat die Verbraucherinitiative aufgelistet, die belegen, welchen Vorteil Frauen in den Produktionsländern davon haben, dass die Konsumenten in Deutschland auf Fairtrade-Produkte zurückgreifen: Ein pakistanischer Hersteller, der Fifa-zertifizierte Bälle herstellt, hat sich verpflichtet, die Kriterien des fairen Handels zu erfüllen. Weil es den meisten Pakistanerinnen verboten ist, einer Arbeit außerhalb des Hauses nachzugehen, richteten die Partnerfirmen des fairen Handels spezielle Nähzentren für Frauen ein, in denen sie ihre aufwändige Arbeit ohne die Gegenwart von Männern erledigen können.
In Peru wird Kakao- und Kaffeearbeitern und Arbeiterinnen mit Hilfe fair gehandelter Produkte eine Alternative zum Koka-Anbau ermöglicht. Ein eigenes Frauenförderprogramm unterstützt die Frauen dabei, sich selbst zusätzliches Einkommen zu schaffen: Sie bekommen Starthilfe beim Anlegen eines Gemüsegartens. Damit verdienen sie Geld, was wiederum ihren Einfluss in der Familie und in der Gemeinschaft hebt.
„In Honduras hat sich eine Gruppe Kleinbäuerinnen aus einer größeren Kooperative herausgelöst, um auf eigenen Beinen zu stehen“, weiß Antje Edler, Geschäftsführerin des Forums Fairer Handel, unter dessen Dach die Organisationen und Akteure des fairen Handels zusammenarbeiten. Zwar ging es auch darum, den Frauen ein eigenes Einkommen zu ermöglichen, „häusliche und familiäre Gewalt war aber auch ein großes Problem, das die Frauen zu Thema gemacht haben“. Der Frauenverbund, dessen Erzeugnisse die Siegel des fairen Handels tragen, produziere neben Kaffee inzwischen unter anderem auch Honig, Bananen und organischen Dünger – alles aus biologischem Anbau. „Es war für diese Kooperative wichtig, mehrere Standbeine aufzubauen, um von den schwankenden Weltmarktpreisen unabhängiger zu werden.“ Diese Vielfältigkeit, sagt Antje Edler, komme aber nicht nur dem Export zugute: „Wer gelernt hat, wie man für die Weltmärkte produzieren muss, kann diese Qualifikation auch für die lokalen Märkte nutzen“, zeigt sich die Geschäftsführerin überzeugt. Offensichtlich mit großem Erfolg: „Inzwischen stellt die Kooperative auch Männer ein.“