„Sparen ist im Interesse der Schwächsten“

Nicht höhere Ausgaben, sondern höhere Steuern sollen die Staatsleistungen finanzieren, meint Ökonom Büttner

THIESS BÜTTNER, 40, ist Professor in München und leitet am Ifo-Institut die Abteilung für empirische Finanzwirtschaft.

taz: Herr Büttner, das Wachstum hat sich im letzten Quartal abgeschwächt. Ist der Boom vorbei?

Thiess Büttner: Im Ifo-Institut rechnen wir damit, dass die Konjunktur weiterläuft. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten machen sich bislang nicht bemerkbar.

Die Regierung kann also beruhigt mehr Geld ausgeben, jetzt, wo der Staatshaushalt sogar ein Plus ausweist?

Nein. Es muss weiter gespart werden, um die Leistungsfähigkeit des Staates auch für die Zukunft zu sichern. Das ist vor allem im Interesse der Schwächsten, die auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind.

Gerade die unteren Schichten benötigen aber eine bessere Ausbildung. Würden Sie mehr Geld für Schulen und Kinderbetreuung ausgeben?

Das ist eine gute Frage – aber sie hat nichts mit der Konsolidierung zu tun. Wer mehr Geld für die Schulen möchte, muss sich das durch Steuern holen oder andere Ausgaben kürzen.

Falls sich nicht kürzen lässt: An welche Steuer denken Sie?

Bildung ist Ländersache, aber bisher können die Länder kaum eigene Steuern erheben. Ich wäre für ein Modell wie in den USA, wo örtliche Vermögensteuern die Bildung finanzieren. In Deutschland bietet sich die Grundsteuer an.

Ich hätte nicht erwartet, dass ausgerechnet das Ifo-Institut für eine Steuer auf Vermögen wirbt.

Wenn die Mobilität in der Welt ständig zunimmt, müssen Sie besteuern, was immobil ist.

Die Regierung verfolgt einen anderen Kurs: Die erhöhte Mehrwertsteuer belastet die Verbraucher, während die Unternehmen entlastet werden.

Das sehe ich anders: Die Gewinnsteuern haben stark zugelegt. Die Gewerbesteuer verzeichnet Rekordergebnisse. Auch die Körperschaftsteuer und die veranlagte Einkommensteuer sind gestiegen.

Die Gewinnsteuern steigen, weil die Profite explodieren. Aber die Mehrwertsteuer wird fällig, obwohl die Löhne kaum erhöht wurden.

Sicher, die Steuerbelastung des Konsums ist gestiegen. Aber das gilt nicht nur für Arbeitnehmer. Ohnehin ist die Verteilungswirkung der Mehrwertsteuer gering: Die Mieten sind ausgenommen, bei den Nahrungsmitteln gilt der reduzierte Satz.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN