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Archiv-Artikel

Schwarzwälder Schinken nur noch Schinken

TTIP EU-Freihandelsabkommen mit den USA wird laut Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) Schutz von regionalen Lebensmitteln aufheben. Chlorhühnchen kommen dafür nicht

BERLIN dpa | Mit dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA könnten nach Ansicht von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) auf Hersteller auch Änderungen beim Schutz regionaler Spezialitäten zukommen. „Wenn wir die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen wollen, können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen“, sagte Schmidt dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Er halte die geltenden EU-Regeln für regionale Lebensmittel für „sehr bürokratisch“. Die EU schütze auch solche Spezialitäten, „deren Grundstoffe längst nicht mehr nur in ihren Heimatregionen hergestellt werden“. Darüber habe sich der US-Handelsbeauftragte Michael Froman anlässlich eines Treffens in Washington bei ihm beschwert, so Schmidt. „Es wäre unseren amerikanischen Handelspartnern schwer vermittelbar, dass sie keinen Tiroler Speck oder Holländischen Gouda zu uns exportieren dürften, wenn wir in Europa selbst den Schutz nicht konsequent durchsetzen würden.“

Der US-Vertreter habe signalisiert, dass er bereit sei, im Handelsabkommen Ausnahmen für mit Chlor desinfizierte Hühnchen zu akzeptieren: „Ich habe den Eindruck, die USA haben verstanden, dass Chlorfleisch in Europa nicht vermittelbar ist“, sagte Schmidt.

Die EU und die USA verhandeln seit 2013 über das umstrittene Freihandelsabkommen, es soll bis Ende 2015 unter Dach und Fach gebracht werden. Die Bundesregierung sieht in TTIP neue Chancen für Wachstum und Beschäftigung. Dagegen sorgt der geplante Vertrag bei Umwelt- und Verbraucherschützern sowie auch bei Kulturverbänden für heftige Kritik. Sie befürchten eine Senkung mühsam errungener Schutzstandards und rügen eine Intransparenz bei den Gesprächen.

Der Münchner Jesuit Johannes Müller hat „größtmögliche Transparenz“ gefordert. Außerdem müsse eine demokratische Beteiligung der Parlamente und eine Einbeziehung der Zivilgesellschaft erfolgen, schreibt er für die Januar-Ausgabe der Zeitschrift Stimmen der Zeit.

In Deutschland sorgt vor allem eine Klausel zum Investitionsschutz für Unmut. Die erlaubt es Firmen, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen, wenn ihre Interessen verletzt werden. Nichtregierungsorganisationen befürchten, dass dadurch ein paralleles Rechtssystem entsteht, das Umwelt- und Verbrauchergesetze aushebelt.