100 jahre bürgerpark
: Ein Glücksfall

Eigentlich ist das Datum das falsche. Nicht erst seit hundert Jahren gibt es den Bürgerpark in Pankow, eine der gediegensten Parkanlagen in Berlin. Angelegt wurde die Grünanlage zwischen Wilhelm-Kuhr-Straße und Cottastraße bereits 1856.

Damals zog es den jungen Baron und Juristen Hermann Killisch von Horn von Berlin in die beschauliche Gemeinde Pankow, die damals aus nicht viel mehr als dem Dorfanger, der heutigen Breiten Straße, bestand. Westlich des Angers kaufte der Gründer der Berliner Börsenzeitung für 18.000 Taler ein 2,5 Hektar großes Gelände, richtete ein Wassermühlengebäude zum Wohnen her und legte einen Garten an, den er bald auf zehn Hektar vergrößerte. Zwar durfte auch gemeines Volk aufs Gelände, aber nur, wenn es keine „groben Mißbräuche“ gab. Dann schloss der Baron seinen Park. So weit, so adlig.

Zum Bürgerpark im eigentlichen Sinne wurde das Anwesen tatsächlich erst am 25. August 1907. Nachdem Killisch von Horn im Jahr zuvor verstorben war, stand das Gelände zum Verkauf. Schon standen die interessierten Bauspekulanten Schlange, sogar ein Bebauungsplan war festgelegt, da schaltete sich der damalige Bürgermeister Wilhelm Kuhr ein.

Schon damals war Pankow Boombezirk, doch den Titel „gesündester Vorort des Nordens“ gab es nicht umsonst. Um der Pankower Lieblingsgrün zu sichern, machte Wilhelm Kuhr 1.450.000 Mark aus dem Stadtsäckel locker. Zu Recht, heißt es im Sitzungsprotokoll der Parkkommission vom 11. März 1907: „Der Gemeindevertretung wird empfolen, dem Parke den Namen Bürgerpark zu geben.“

Hundert Jahre später: Im Bürgerpark zelebrieren junge Familien ihr Picknick, auf den Bänken hocken die Alten aus dem nahe gelegenen Seniorenheim. Milchkaffee und Bier gibt’s im Café Rosenstein, das seine Getränke und Kuchen seit der Brandstiftung an Ostern aus einem mobilen Wagen verkauft. Viele Pankower haben die Betreiber ermuntert, nicht aufzugeben: Auch das ist ein gutes Beispiel für Bürgersinn.

So viel Kontinuität hat auch eine Urenkelin des Parkbegründers ermutigt, die Geschichte des Bürgerparks zu schreiben. Nun ist das Buch von Astrid von Killisch-Horn auf dem Markt und eine Ausstellung im Pankow-Museum gleich dazu. Ja, der Bürgerpark ist ein Glücksfall, genauso wie das schmucke Parktor, das nun wieder in hellem Sandsteinglanz erstrahlt. Doch der Vandalismus, über den sich viele Pankower beklagen, zeigt, dass auch die „groben Missbräuche“ zu Berlin gehören.

Apropos „grobe Missbräuche“: Die gröbsten von ihnen gab es nach dem Krieg, als das Parkgelände kurzerhand zum Gemüsegarten Pankows umgewidmet wurde. Doch schon 1947 wurde die Grünanlage wieder eröffnet. Selbst der Name Bürgerpark blieb unangetastet, obwohl es seit den Zwanzigern längst auch Volksparks gab.

Doch das ist wohl dem spezifischen Pankower Spirit geschuldet. Nicht nur „gesundester Vorort des Nordens“ war die kleine Siedlung rund um den Anger, sondern dank zahlreicher DDR-Prominenz auch das bürgerlichste Gemeinwesen von Berlin, Hauptstadt der DDR. UWE RADA

Am Samstag und Sonntag feiert Pankow 100 Jahre Bürgerpark und 150 Jahre Dorfanger. Die Ausstellung „ein mäßig großer Garten“ ist bis zum 13. Januar im Pankow-Museum, Heynstraße 8, zu sehen.