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Archiv-Artikel

„Für alle und niemanden“

VORTRAG Mit der Diskussion „Recht auf Stadt und Gemeingüter“ geht eine Debattenreihe zu Ende

Rosa Bracker

34, arbeitet an der Uni Hamburg, Gründungsmitglied des Fördervereins für kommunale Sozialforschung (FKS).

taz: Frau Bracker, Sie haben die Vortragsreihe zum Thema Gentrifizierung mitorganisiert, die heute ihr Finale hat. Ist darüber noch nicht genug gesagt?

Rosa Bracker: Darüber ist so lange nicht genug gesagt, wie sich am Zustand nichts geändert hat. Es geht natürlich um gesellschaftliche Verdrängung, die auch weiterhin anhält, aber auch um die Idee des Wirtschaftswachstums, weshalb der Commons-Gedanken nicht für so wichtig erachtet wird, wie er ist. Wir haben jedenfalls noch nicht erreicht, was wir wollten.

Hat die Wohnungspolitik der SPD der Gentrifizierungsbewegung den Wind aus den Segeln genommen?

Das nehme ich persönlich anders wahr. Unser Hauptanliegen ist es, zu verhindern, dass durch Verstaatlichung und Privatisierung bestimmte Themen nicht mehr öffentlich zur Diskussion stehen. Auf der einen Seite geht es da zum Beispiel um die Esso Häuser, dann geht aber wiederum darum, was gerade an den Rändern, also Wilhelmsburg oder auch in Billstedt stattfindet. Es ist zwar gut, dass die SPD reagiert, wir wollen aber verdeutlichen, dass das noch nicht reicht.

Der Vortrag behandelt Gemeingüter, was ist das genau?

Zu den Gemeingütern zählt alles, was sich weder in staatlicher Regulation befindet noch Privatbesitz ist. Sie gehören im Grunde allen und niemandem, sind weder staatlichen Zielen noch privaten Machthabern unterworfen.

Wie kamen Sie persönlich dazu, sich mit Gentrifizierung zu beschäftigen?

Meine erste Berührung hatte ich als ich selbst ein Wohnprojekt plante und mich deshalb mit Stadtentwicklung und Eigentumsverhältnissen beziehungsweise mit Gemeinschaftseigentum näher auseinandersetzen musste. Da ging es um die Unterschiede zwischen Wohngemeinschaften und Miet oder Eigentumswohnungen. Deshalb ist mir dieses Thema ein Anliegen.

Wer hat in Ihren Augen alles ein „Recht auf die Stadt“? Auch Kapitalisten oder Investoren?

Ich würde sagen, dass das Recht bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt liegt. Kleine und mittelständische Unternehmen würde ich auch dazuzählen. Generell sollten Probleme und Missstände auf demokratische Weise geklärt werden. Kein Recht auf Stadt haben in meinen Augen jedenfalls Unternehmen, die sich Thematiken auf eine rein macht und geldorientierte Weise nähern.  INTERVIEW: SARAH MAHLBERG

Vortrag „Recht auf Stadt und Gemeingüter“: 19 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2