: Terrier mit Technik
In der 25. Minute des Spiels gegen den Hamburger SV am vorletzten Spieltag erlebten die Bremer Zuschauer eine Szene, die sie in dieser Form lange nicht gesehen hatten: Der linke Verteidiger Aleksandar Ignjovski setzte dem HSV-Stürmer Paolo Guerrero so lange zu, bis der aus dem Bremer Strafraum floh. Statt sich wieder in den Raum fallen zu lassen, verfolgte „Iggy“ seinen Kontrahenten, bis der ihm den Ball überließ.
„Was für ein Wadenbeißer“, überschlugen sich die Fans anschließend in den Werder-Foren, Erinnerungen wurden wach an Bremens Terrier-Tradition, die mit dem Namen Jonny Otten, Günter Hermann und André Wiedener verbunden ist. Eine Ahnengalerie, in die Ignjovski nur bedingt passt: Anders als die genannten Grobmotoriker nämlich, verbindet der Serbe sein Kämpferherz mit überragenden technischen Fertigkeiten. So leitete er, kaum hatte er Guerrero den Ball abgenommen, einen gefährlichen Gegenangriff ein.
Lange haben sie in Bremen auf der linken Abwehrseite nach einem gesucht, der beides kann: gut verteidigen und Druck nach vorne machen. Die Liste der einseitig Begabten, die sich dort versucht haben, ist lang. Auch Neuzugang Lukas Schmitz, dessen Verletzung Ignjovski überhaupt seinen Einsatz gegen den HSV verschaffte, hat zwar das Offensivspiel über seinen Flügel belebt, nach hinten aber bedenkliche Lücken gelassen.
„Sensationell“ nannte Werder-Manager Klaus Allofs das Debut seines Last-Minute-Einkaufes. Auf dem Zettel hatte Allofs den 20-Jährigen, den sein Heimatklub OFK Belgrad zuletzt zwei Jahre an 1860 München ausgeliehen hatte, schon lange: Er ist inten flexibel einsetzbar und kann auch die defensive Mittelfeld-Position bekleiden, wo nach dem Abgang von Torsten Frings eine Alternative fehlte.
Fast gescheitert wäre der Wechsel am neu ausgerufenen Sparkurs der Bremer – bis die ein Transfermodell fanden, mit dem sie Ignjovski für drei Jahre verpflichten konnten. Viel wurde spekuliert über einen unbekannten Investor, Allofs aber sagte lediglich: „Dass wir kreativ sein mussten, um unseren Etat nicht zu belasten, ist doch ganz klar.“
Allofs und Trainer Thomas Schaaf schätzen vor allem die charakterlichen Stärken ihres Neulings. „Er ist ein echt guter Junge, geht mit unheimlichem Herz an die Sache ran, ist positiv aggressiv.“
So schenkten sie ihm auch in der Wasserschlacht beim 1. FC Nürnberg wieder das Vertrauen, obwohl Lukas Schmitz da wieder fit war. Nach fünf Minuten hatte Ignjovski auf die rechte Abwehrseite auszuweichen, wo Sokratis verletzt raus musste. „Kein Problem, dort kann’s Iggy auch.“ Aus solchem Holz sind Publikumslieblinge geschnitzt. RLO