: Grüner Streit um „Jein“ zu Afghanistan
Einen Monat vor der Bundestagsabstimmung zum Bundeswehreinsatz ist die Partei gespalten. Strittig ist vor allem die Beteiligung der Tornados. Auch darüber, wie konkret und radikal ein Strategiewechsel eingefordert werden soll, wird diskutiert
AUS BERLIN KATHARINA KOUFEN
Für ein gepflegtes Bier am Abend hat in der Grünen-Fraktion dieser Tage kaum jemand Zeit. Die Terminkalender der Abgeordneten quellen über mit Veranstaltungen, die alle nur eines zum Thema haben: Afghanistan. Mal spricht Claudia Roth in einer Kneipe in Berlin-Prenzlauer Berg, mal diskutiert Jürgen Trittin im benachbarten Pankow, mal besucht Winfried Nachtwei einen Kreisverband in NRW.
Eine klare Grünen-Linie für die Bundestagsabstimmung im Oktober gibt es dabei nicht. Fest steht bisher nur: Die Beteiligung am Anti-Terror-Einsatz OEF lehnen die Grünen ab, wie auch schon 2006. Und einen „Strategiewechsel“ hin zu „mehr Engagement im zivilen Wiederaufbau“ soll es geben. Was realpolitisch daraus folgt – da ist sich nicht einmal die Parteispitze einig. Während deren eine Hälfte Claudia Roth im taz-Interview für die Abstimmung „Enthaltung“ empfiehlt, spricht sich die andere Hälfte Reinhard Bütikofer auf Spiegel online für ein „Ja zu den Tornados“ aus.
Bütikofer, die Fraktionsspitze und etwa die Hälfte der Bundestagsfraktion haben es vergleichsweise leicht: Sie stimmten bisher sowohl für die Fortführung des Schutztruppen-Einsatzes Isaf als auch für die Entsendung von sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen. Roth und die Außenpolitiker Winfried Nachtwei und Jürgen Trittin dagegen votierten bei Isaf mit ja, bei den Tornados aber mit nein. Nun hat die Bundesregierung die beiden Mandate zusammengelegt. Es gilt für den linken Flügel also, trotzdem klarzumachen, dass man Isaf bejaht und den Tornado-Einsatz verneint.
Wie die Partei das mehrheitlich sieht, soll der Sonderparteitag am 15. September in Göttingen klären. Der Leitantrag des Bundesvorstands lässt in puncto Bundestagsabstimmung noch alles offen: „Der Parteitag muss entscheiden, ob eine Enthaltung der Fraktion geeignet ist, unsere prinzipielle Unterstützung für Isaf als Absicherung des zivilen Wiederaufbaus und gleichzeitig unsere Unzufriedenheit mit dem Kurs der Bundesregierung auszudrücken“, heißt es. Daneben soll über zwei radikalere Anträge abgestimmt werden. Ein Antrag um den Mitinitiator des Parteitags, Robert Zion, fordert das Ende des Tornado-Einsatzes. Es könne nicht garantiert werden, dass deren Daten nicht auch für OEF verwendet würden. Dann trage Deutschland eine „Mitverantwortung“ an Bombeneinsätzen. Eine Zustimmung zu Isaf müsse „an den Ausstieg aus der Gewaltspirale“ geknüpft sein.
Noch weiter geht der Antrag einer Gruppe um die Parteilinken Uli Cremer und Willy Achelpöhler: „Wir fordern vom Bundestag, das Mandat für Isaf nicht zu verlängern“, schreiben sie. Es müsse ein „definitives Datum im ersten Halbjahr 2008“ für den Abzug der deutschen Truppen genannt werden. „Entsprechend erwarten wir von den Grünen, dass sie mit Nein stimmen“.
Konkrete Vorschläge für den von allen geforderte Strategiewechsel macht der Parteilinke Christian Ströbele. „Bombardierungen und Raketenangriffe im Süden müssen beendet werden.“ Falls dies nicht binnen sechs Monaten stattgefunden hat, „ist der Einsatz zu beenden“. Ströbele stellt keinen eigenen Antrag, sondern macht Änderungsvorschläge. Wie stets dürfte der Fraktionsvize damit den Brückenschlag zwischen linken Pazifisten und Realos versuchen.