Mazyeks Alleingang

MUSLIME Bei den Islamverbänden gab es hinter den Kulissen Zoff um die Kundgebung

BERLIN taz | Dass am Dienstag keine Massen vor dem Brandenburger Tor zusammenkamen, dafür war diese Mahnwache wohl auch zu kurzfristig angesetzt worden. Am Ende war der Pariser Platz aber gut gefüllt. Und zum Schluss hakten sich auf der Bühne, so wie beim Gedenkmarsch am vergangenen Sonntag in Paris, Joachim Gauck und Angela Merkel mit Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, unter.

Dass Mazyek mit seinem Aufruf zu der Kundgebung vorgeprescht war, ohne sich mit den anderen Islamverbänden abzusprechen, war wohl ein Grund dafür, dass am Ende nur wenig organisierte Muslime vor das Brandenburger Tor kamen. Viele dürften von der Veranstaltung schlicht nichts mitbekommen haben. Mazyeks Alleingang sorgt bei den anderen Verbänden für Verstimmung, weil sein Zentralverband der Muslime, dem nur 24 Moscheegemeinden angehören, der mit Abstand kleinste der Verbände ist, die sich im Koordinationsrat der Muslime zusammengeschlossen haben. Als dessen Sprecher amtiert derzeit Erol Pürlü vom Verband der Islamischen Kulturzentren in Deutschland (VIKZ), der etwa 300 Moscheegemeinden vertritt, der größte Islamverband Ditib vereint sogar rund 950 Moscheegemeinden unter seinem Dach. Doch auf der Kundgebung stand allein Mazyek im Rampenlicht.

Der eloquente Rheinländer, der als Medienberater und freier Publizist arbeitet, hat aber auch am meisten Medienerfahrung. „Die Terroristen wollten den Propheten rächen? Nein! Sie haben mit ihrer Tat die größte Gotteslästerung begangen“, betonte er am Dienstag in seiner Rede, in der er sich auch ausdrücklich mit bedrängten Juden solidarisierte. Zuvor legte er im Beisein von Gauck und Merkel einen Kranz für die Terroropfer nieder, während sich die Vertreter der anderen Verbände mit einer Rolle als Zuschauer in der zweiten Reihe begnügen mussten.

In der Hauptstadt ist es aber ohnehin schwer, zu Großveranstaltungen zu mobilisieren. Die „Bärgida“- und „Anti-Bärgida“-Märsche am Montag blieben beide weit hinter den Erwartungen zurück. Dafür kamen schon am Sonntag, ganz ohne Gauck oder Merkel und trotz stürmischen Wetters, mehr als 10.000 Menschen spontan vor die Französische Botschaft ans Brandenburger Tor, um der Opfer von Paris zu gedenken. BAX