: Der „Terroristen-Perso“ kommt
RECHT Das Gesetzesvorhaben, mutmaßlichen Terroristen den Ausweis zu entziehen, war lange geplant. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse kann die Regierung damit signalisieren, dass sie sich um besseren Schutz der Bevölkerung bemüht
BERLIN taz/dpa | Er war bereits länger geplant, gleichwohl gilt er als Zeichen der Entschlossenheit in Zeiten des Terrors: der „Gesetzentwurf zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises“. Am Mittwoch beschäftigte sich das Bundeskabinett mit diesem Thema, ebenso wie mit der Änderung des Passgesetzes.
Gewaltbereite Islamisten sollen künftig durch den Entzug des Personalausweises an der Ausreise in Kampfgebiete wie Syrien oder Irak gehindert werden. Die Behörden sollen den Verdächtigen bis zu drei Jahre lang den Ausweis abnehmen können.
In einem ersten Entwurf war dies nur für eine Dauer von bis zu 18 Monaten geplant gewesen. Die Betroffenen erhalten einen Ersatzausweis, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen. Für die Ausstellung des Dokuments sollen sie eine Gebühr von 10 Euro zahlen.
Vor der Presse verwies Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf die Gefahr durch den Zustrom in die Kampfgebiete. Nach neuen Zahlen seien inzwischen rund 600 Islamisten dorthin ausgereist. „Ich habe nie behauptet und werde nie behaupten, dass dieses Gesetz dem Terror in Deutschland den Garaus macht“, betonte er. „Aber es ist ein effektiver Baustein.“ Die Opposition rügte die Pläne als rechtsstaatlich fragwürdig und wenig wirksam. Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagte, ein Ersatz-Ausweis stigmatisiere Betroffene als Terrorverdächtige. In den letzten drei Jahren seien gerade mal 20 Personen trotz Entzug des Reisepasses und einer Verfügung, Deutschland nicht zu verlassen, ausgereist: „Ins Blaue hinein Gesetze zu beschließen, die nur Generalverdacht und Stigmatisierung befördern, ist eine zu große Einschränkung der demokratischen Grundrechte.“
Auch die Grünen bewerten den Gesetzentwurf der Großen Koalition kritisch. Die Bundesregierung betreibe „abenteuerliche Symbolpolitik“, sagte Irene Mihalic, Sprecherin der Bundestagsfraktion. Die Terrorgefahr werde um keinen Deut gemindert. Durch die Androhung eines „Terroristen-Perso“ würden mutmaßliche Terroristen geradezu ermuntert, umgehend in Kriegsgebiete auszureisen.
Der Bundestag muss noch über die Pläne beraten. Auch der Bundesrat wird sich damit befassen. Das Gesetz an sich ist zwar nicht zustimmungspflichtig. Die Länder sind aber in der Praxis zuständig für den Ausweis-Entzug. Das Vorhaben dürfte noch im ersten Halbjahr in Kraft treten.
ANJA MAIER