piwik no script img

Archiv-Artikel

FUKUSHIMA Wagner vs. Meier‘s

Thomas Wagner will nicht mehr nach Japan. Im Januar hatte er bei Meier’s Weltreisen eine zweiwöchige Rundreise für zwei Personen gebucht, im Oktober sollte es losgehen. Doch im März bebte die Erde, ein Tsunami verwüstete die Küsten, im Atomkraftwerk Fukushima schmolzen Reaktorkerne. Wagner, der in Berlin wohnt, versucht seither, die Reise umzubuchen. Natürlich könne es immer eine Naturkatastrophe geben, davor sei man nie geschützt, sagt Wagner selbst – aber: „Von uns kann niemand verlangen, wissentlich in eine Region zu reisen, in der wir uns radioaktiver Strahlung aussetzen würden, deren Dimension und Folgen nicht wirklich abschätzbar sind.“ Wagner schlug vor, sie auf eine Reise in die Karibik umzubuchen.

Doch Meier’s Weltreisen lehnte ab. Das Unternehmen müsse „auch berücksichtigen, dass derzeit in Japan Existenzen auf dem Spiel stehen und die Lage aus Sicht der Reiseveranstalter daher ganz behutsam nach und nach bewertet werden muss“. Das Unternehmen verwies auf das Auswärtige Amt, auf dessen Webseite es heißt: „Aus radiologischer Sicht ist ein Aufenthalt im Großraum Tokyo/Yokohama derzeit wieder unbedenklich.“ Meier’s Weltreisen versicherte zwar, „dass wir bemüht sind, soweit wie möglich finanziell entgegenzukommen“. Das Unternehmen verlangte aber dennoch die volle Stornogebühr von 25 Prozent des Reisepreises.

Juristisch ist das nicht zu beanstanden, erklärt Beate Wagner, Reiserechtsjuristin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Das konkrete Urlaubsziel muss von einem überraschenden Ereignis betroffen sein, von dem eine tatsächliche Gefahr ausgeht.“ Eine Katastrophe in einem anderen Landesteil oder eine nur sehr gering erhöhte Radioaktivität reicht nicht. Kunden seien dann auf die Kulanz der Anbieter angewiesen.

Thomas Wagner hat seine Reise in dieser Woche storniert, trotz der Gebühren von 1.600 Euro. Nun geht es mit einem anderen Anbieter auf die Seychellen. Mit Meier’s will er nicht mehr verreisen.

SEBASTIAN HEISER

Was sollen wir berichten? Schicken Sie eine Mail an open@taz.de oder einen Brief an die tageszeitung, Sebastian Heiser, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin