Wenn Travemünde auf Tokio trifft

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Das Restaurant Oki experimentiert mit einer kulinarischen Fusion. Warum das leider danebengeht

Das Angenehme an der vielfältigen Restaurantszene in Berlin ist, dass es für jeden Geschmack etwas gibt. Es gibt sogar Lokale für diejenigen, die gar keinen Geschmack haben, jedoch alles loben, solange es ihnen als besonders zeitgeistig verkauft wird. Das Oki in der Oderberger Straße in Berlin-Prenzlauer Berg steht stark im Verdacht, solch ein Lokal zu sein, vielleicht noch schlimmer: gewesen zu sein.

Im Oki trifft Travemünde auf Tokio, Kampen auf Kioto, die Küche wird als Fusion zwischen Japan und Schleswig-Holstein bezeichnet. Könnte interessant sein, interessiert nur an einem Freitag nicht viele, das kleine Lokal bleibt den ganzen Abend lang fast leer.

Man versteht zunächst nicht, wieso, schließlich wird das Oki gerne empfohlen. Und sieht nicht alles perfekt eingerichtet aus? Hocker stehen an hellen Holztischen von moderner Schlichtheit. Eine Wand leuchtet warm orange ab, die Küche ist gut einsehbar. Die freundliche Bedienung findet nicht nur einen Platz für den Buggy und Kinderbücher zum Vorlesen, sie lässt dem Gast auch viel Zeit bei der Bestellung. Ein Blick an die Wand aber – die Gerichte des Tages stehen dort auf Papierrollen aus der Ikea-Kinderabteilung – und man möchte selbst gerne wieder weg.

Der vegetarische Gast, wenn er keinen Fisch mag, hat keine Wahl. Er muss das einzige Tofugericht als Hauptgang nehmen, denn eine Vorspeise für ihn gibt es nicht. Fischesser wählen dafür das Sashimi Royal, ganz durchschnittlich mit Holzblock und Schälchen präsentiert wie in jeder Sushibar. Die mäßige Maispoulardenbrust auf Wokgemüse mit Shrimps tritt eine Geschirrorgie los: Sie wird auf einem Teller serviert, der auf einer Matte steht, die auf einem Teller liegt. Auf diesem ganzen Arrangement ruhen zwei kleine Schälchen, eins mit Bacon und eins mit Reis. Trotz der Porzellanopulenz bleibt das Gericht langweilig. Auch das dreierlei Tofu, übrigens mit Wokgemüse, kommt ganz einerlei und unterwürzt daher. Die Udonnudelsuppe, mit Maispoulardenbrust und, nun ja, dem unvermeidlichem Wokgemüse, ödet an, im Hintergrund nervt Norah Jones.

Nein, gerade wegen seines guten Rufs enttäuscht das Restaurant Oki maßlos. Dem Küchenchef sind wohl an diesem Abend die Ideen ausgegangen, vielleicht aber steht es im Allgemeinen schlecht um die japanisch-nordische Fusion. In diesem Fall wird zum Thema Mischkulinarik bald wieder die eine Frage dominieren: Ob es im Gosch zu Sylt-Flair auch Sushi gibt.

RESTAURANT OKI, Oderberger Str. 23, 10435 Berlin, Tel. (0 30) 49 85 31 30, U-Bahn Eberswalder Str., Di.–So. 15 bis 23 Uhr, ab 18.30 Uhr warme Gerichte, Sashimi Royal 25 Euro, Maispoulardenbrust 15,50 Euro, Nichtraucher, keine EC- oder Kreditkartenzahlung möglich