: Sehr, sehr traurig
Da hat Maximilian Hecker aber mal echt die Korken knallen lassen. Silvester, hat er jetzt gestanden, verbringt er am liebsten in einem Hotel in Hennigsdorf. Für die, die Hennigsdorf nicht kennen: Es gibt absolut keinen Grund, es kennenzulernen. Dort also, wo Brandenburg noch nicht mal eine beschauliche Einöde, sondern bloß triste Vorstadthässlichkeit ist, quartiert sich der Sänger ganz allein ein, um ins neue Jahr hinüberzufinden. Kein Wunder, kann man da nur sagen, dass Heckers Musik klingt, wie sie nun mal klingt: sehr, sehr traurig.
Nun wäre Hecker aber nicht ein großer Musiker, wenn er diese Traurigkeit nicht in immer wieder anderen, feinen Schattierungen zeichnen würde. Das neue Album „Spellbound Scenes Of My Cure“ verspricht schon im Titel eine Kur der maladen Seelenzustände des Künstlers. Diese Besserung mag für den mit dem Heckerschen Oeuvre nicht vollkommen Vertrauten nicht hörbar sein. Aber alles ist relativ, und der mittlerweile 37-jährige Schmerzensmann ist für seine Verhältnisse geradezu aufgeräumt. Seine Themen sind zwar weiterhin nahezu ausschließlich Einsamkeit, unglückliche Liebe und Frauen, die nichts von ihm wissen wollen, aber das Tempo ist bei einigen Songs wie „Pearly River Gates“ oder „Gangnam Misery“ nicht mehr totaaal langsam, sondern bloß ziemlich langsam, und bisweilen hebt er sogar ein wenig die Stimme. Wenn Hecker so weitermacht, kriegt er kurz vor der Rente womöglich noch einen Party-Song hin. Aber das würde man ja gar nicht wollen: Schließlich schätzt man Hecker ja dafür, dass sein Jammertal so mondän ausgestattet ist wie kein anderes.
Mondän geht es auch bei Louise Gold zu. Aber ganz anders mondän. Die Potsdamerin mit der elegischen Stimme wurde einst mit dem Quarz Orchestra zum Poster-Girl des Berliner Swing-Revivals. Ihr neues Album hat sie zwar mit denselben Musikern aufgenommen, aber doch den Orchester-Namen abgelegt. Mit gutem Grund: der Sound hat sich grundlegend gewandelt. Gelegentlich klingen Jazz und Bossa zwar noch an, aber inspiriert von einer US-Reise werden nun Americana-Ideen integriert, eine Surf-Gitarre darf sich in der Vordergrund drängeln, Wüstenrock knarzt und Gold singt wie eine sehr kühle Soul-Diva. Das, muss man zugeben, ist dann doch eher Musik, mit der man eine Silvesterparty in Gang bekommt.
THOMAS WINKLER
■ Louise Gold: „Terra Caprice“ (RaR, Motor/ Edel), live am 25. 1. im Roten Salon
■ Maximilian Hecker: „Spellbound Scenes Of My Cure“ (Blue Soldier/ Rough Trade), live am 22. 1. im Privatclub