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Archiv-Artikel

In den Fußstapfen von Manu Chao

KONZERT Che Sudaka aus Barcelona sind bekannt für ihre Globalisierungskritik. Ihr Cumbia-Ska-Punk – inklusive Funfaktor – ist heute in Berlin zu erleben

Es gibt sie noch, die guten Menschen der globalisierungskritischen Bewegung. Und Che Sudaka aus Barcelona gehören zu ihren umtriebigsten Lokalmatadoren.

Schon ihre T-Shirts und Trainingsjacken, Palästinensertücher und punkigen Zottelfrisuren machen deutlich, wo die Sympathien der Band liegen: ganz klar bei den Hausbesetzern, den sozialen und antirassistischen Bewegungen und, ganz grundsätzlich, bei allen Unterdrückten und Ausgegrenzten, bei allen Mühseligen und Beladenen dieser Welt. Deshalb sind Che Sudaka auch nie weit, wenn es bei irgendeinem Protestcamp zwischen Barcelona und Berlin um die Rechte von Flüchtlingen, Armen und Arbeitslosen geht.

Man kann den Musikern aber nicht vorwerfen, dass sie nicht wüssten, wovon sie singen. Denn alle vier kamen einst selbst als illegale Einwanderer aus Südamerika nach Barcelona, und schlugen sich anfangs ohne gültige Aufenthaltspapiere als Straßenmusiker auf dem Barrio-Pflaster der katalanischen Metropole durch, bevor sie 2002 eine reguläre Band gründeten.

Der harte Kern von Che Sudaka, das sind zwei Argentinier und zwei Kolumbianer: Die beiden Brüder Leo und Kachafaz stammen aus Mar de Plata, dem größten und bekanntesten Seebad Argentiniens an der Atlantikküste südlich von Buenos Aires, der Gitarrist Jota und der Akkordeonist Cheko aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Gemeinsam bilden sie heute eine der erfolgreichsten Bands der katalanischen Metropole – und gehören damit zu den kraftvollsten Vertretern des „Mestizo“-Genres, wie die musikalische Promenadenmischung aus lateinamerikanischen Stilen mit Punk, Reggae und Ska genannt wird.

Che Sudaka treten selbstbewusst in die Fußstapfen von Manu Chao, dem Troubadour der Globalisierungskritik, der mit seiner Band Mano Negra vor gut einem Vierteljahrhundert diese regional gefärbte Spielart des globalen Ska-Punk begründet hat. Auch von legendären Latin-Ska-Bands wie den Los Fabulosos Cadillacs aus Argentinien zeigen sie sich beeinflusst. Um sich von solchen Vorbildern abzuheben, mischen Che Sudaka aber noch eine Portion Cumbia in ihren Bastard-Sound.

Akkordeonbetriebene Cumbia-Melodien, hüpfende Ska-Beats und agitatorischer Sprechgesang sind das Erkennungsmerkmal und sehnsuchtsvolle Immigrantenhymnen wie „Immigrant Soul“ die Spezialität der vierköpfigen Kapelle, die mittlerweile als musikalisches Aushängeschild von Barcelona um die ganze Welt tourt. Denn ihre energiegeladene Live-Auftritte, „fiestas populares“ genannt, sind notorisch. Im November 2013 erschien der Dokumentarfilm „Espiritu de Lucha“, in dem die Band weltweit auf Tour zu sehen ist.

Vor drei Jahren feierten sie ihr zehnjähriges Jubiläum mit dem Album „10“, das sie auf ihrer Webseite als Gratisdownload an ihre Fans verschenkten. Schon damals machten sie im Berliner SO 36 Station. Im Oktober des vergangenen Jahres erschienen der Nachfolger „Hoy“ mit neuen Songs wie „La Ley del miedo“ („Das Gesetz der Angst“) – die Protesthymne im Cumbia-Stil ist ein musikalischer Aufruf, gemeinsam die Stimme gegen jede Form der Ungerechtigkeiten zu erheben. Und ihr Lied „Cuando Sera?“ („Wann wird es sein?“) ist jenen kolumbianischen Bauern gewidmet ist, die sich mit Streiks gegen Gesetze wehren, die es dem US-amerikanischen Monsanto-Konzern erlauben würden, sein genetisch manipuliertes Saatgut auf den südamerikanischen Markt zu werfen.

Der Schulterschluss mit lokalen Graswurzelbewegungen ist für Che Sudaka Pflicht. Aber wer hat gesagt, dass sich ernste Anliegen und der feste Wille zur Fiesta ausschließen müssen? Ihre Protestmusik hat jedenfalls einen großen Funfaktor. DANIEL BAX

■ Che Sudaka: heute, 20 Uhr, SO 36, 16 Euro