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Archiv-Artikel

Adé, Bremer Schulsystem!

Bremens Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper zu dem CDU-Vorschlag: „Ich bin nicht für ein 2-Säulen-Modell als Ziel“. Im Schulentwicklungsplan sollen qualitative Fragen beantwortet werden

Interview Klaus Wolschner

Die CDU hat Ihnen am vergangenen Freitag Weg zu einem gesellschaftlichen Konsens im Parteienstreit über die Schulen angeboten. Die CDU könnte sich ein zweigliedriges Schulsystem vorstellen, auf der einen Seite Gymnasien, auf der anderen Gesamtschulen. Wir fragten die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper dazu.

taz: Sie haben den Ball nicht aufgenommen, den die CDU Ihnen zugespielt hat.

Renate Jürgens-Pieper, Bildungssenatorin: Wir haben die Verabredung, einen Schulentwicklungsplan zu erarbeiten, der versuchen soll, einen gesellschaftspolitischen Konsens herzustellen. Das kann die CDU nicht per Parteibeschluss verordnen.

Die Idee mit dem Zwei-Säulen-Modell, die die CDU in den Raum gestellt hat, wird andernorts heftig diskutiert. Können Sie dem etwas abgewinnen?

Das ist eigentlich nicht meine Richtung. Ich bin nicht für zwei Säulen als Ziel. Das kann ein Übergangsmodell sein, damit würde das Modell des gegliederten Systems aufgegeben. Das wäre für die CDU ein ganz ordentlicher Schritt. Ich will vor allem die Diskussion über den Schulentwicklungsplan nicht damit anfangen, dass wir über Schulstrukturen streiten, sondern erst einmal besprechen: Was ist attraktiv für Eltern? Braucht eine Schule immer den Weg zum Abitur? Wenn wir feststellen würden, dass die durchgängigen Gymnasien deshalb am meisten angewählt werden, würde das bedeuten: Wir müssen von der Idee der Oberstufenzentren weggehen und durchgängige Strukturen schaffen.

Das alte Bremer Modell war: Grundschule, Orientierungsstufe, Sek I, dann Sek II.

Was ja auch immer Lehrerwechsel bedeutet. Bedeutet Qualität von Schule aber nicht auch, dass Kinder in ihrer Bildungsentwicklung möglichst lange begleitet werden von einem Lehrerteam? Spielt es eine Rolle, ob die Lehrer, die die Kinder zum Abitur führen, sie auch von der Klasse fünf an aufbauend begleiten?

Das ist ungefähr das Gegenteil von dem, was in der Bremer Bildungspolitik mit den Stufen-Schulzentren zwanzig Jahre lang propagiert wurde. Da wurde alle drei Jahre die Lehrer gewechselt, um den Kindern die Chance zu geben, neue Menschen kennen zu lernen.

Genau. Ich halte das nicht für ein gutes Argument. Meiner Ansicht nach sollte ein Klassenteam die Kinder über längere Zeiträume begleiten. Das sind qualitative Elemente, die eine Schule verändern. Damit würde in der Diskussion ich gerne beginnen – das hat natürlich strukturelle Konsequenzen, weil es das Stufenprinzip infrage stellt, was hier in Beton gegossen ist. Bei den Schulleiterbesprechenungen habe ich gemerkt, wie vielen es weh tut, dass sie gute Arbeit machen und die Eltern geben ihre Kinder dennoch an andere Schulen, obwohl dort die Begleitung der Kinder und die Qualität des Unterrichts gar nach unseren Evaluationen nicht so gut ist.

Die Gesamtschulen könnten bei einem Zwei-Säulen-Modell die Sorge haben, dass sie noch größere Probleme hätten, ein Drittel Kinder mit Gymnasial-Empfehlung zu bekommen.

Wir müssen über qualitative Elemente reden, damit die Gesamtschule und die Stadtteilschule für Kindern, die leistungsstärker sind, attraktiv werden. Das ist im Moment in Bremen nicht der Fall. Das macht mir Sorgen.

Wie kriegen Sie das hin?

Zum Beispiel mit der Anbindung der Oberstufe und einem Team von Lehren ...

Das heißt an demselben Ort?

Eigentlich ja, aber an demselben Ort ist ein großes Problem.

In Bremen ist die Ganztagsschule vor dem Gericht wieder mal gescheitert.

Es geht um einen speziellen Fall von Elternrecht. Am Alten Gymnasiums haben Eltern ihr Kind in einer Halbtagsschule angemeldet, die später in eine Ganztagsschule umgewandelt wurde. Dann haben diese Eltern das Recht, auch in der siebten Klasse eine Halbtagsschule angeboten zu bekommen. Wir werden diese Eilentscheidung akzeptieren. (ungekürzt www.mehr-dazu.de)