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Sendersuchlauf (9): Weltpolitik und die optimale Nase – RadioEins, der RBB-Kanal „nur für Erwachsene“, wird zehn

„Er ist Vorsitzender der Deutschen Dracula-Gesellschaft“, haucht eine 0190-Stimme. „Er ist Mitglied des Kommitees des IgNobelpreises für kuriose wissenschaftliche Forschungen. Er ist der bekannteste Kriminalbiologe der Welt“ – Wabersound –, „er ist Dr. Mark Benecke.“

Und dann kommt er, der Doktor und gibt Antworten auf die essenziellen Fragen: Warum tragen Frauen offene Schuhe? Wie sieht die optimale Nase aus? Oder: Warum lassen Räuber ein Kothäufchen am Tatort ? Da erfährt man dann von Dr. Benecke – diesmal live vom Handy – dass der Kot entweder ein Ritualakt sei, bei dem der Dieb im Austausch für das Gestohlene etwas zurücklasse, oder – „biste noch dran?“ – dass er, tiefenpsychologisch, überführt werden wolle – „Moment, da fährt ein Traktor vorbei“ – wie gesagt, überführt werden wolle, lässt sich doch aus dem Kot ein genetischer Fingerabdruck erstellen.

Mit dem Wie nimmt es RadioEins nicht so genau. Nicht jeder hinterm Mikro hört sich so an, als hätte er eine Sprechausbildung. Im Vergleich zu den durch die Nase gepressten Privatsender-Stanzen klingen die Moderatoren aber nach Mensch. Man ist eckig und ungeschliffen und manchmal auch pampig beim Kanal, der zu Radio Berlin-Brandenburg gehört, aber jede Stadt kriegt den Sender, den sie verdient, wa?

Ohnehin zählt ja das Was. Und da mutet RadioEins seiner einheitsbreigeschädigten Hörerschaft einiges zu. Statt dem üblichen Wasbinichheutwiedergutdrauf-Geplänkel – gerne im Schlagabtausch zwischen Zicke und Macho, die sich am Rande des Sexismus entlanghangeln –, gibt es schon in aller Herrgottsfrüh Politik. Und Wissen. Und Meinung. Und Henryk M. Broder. Der Spiegel-Mann für politische Inkorrektheit ist nur einer der, man darf es getrost sagen, Intellektuellen, die das Weltgeschehen kommentieren. Tagesspiegel-Chef Maroldt, Journalist Küppersbusch, Alles-Enthüller Leyendecker – alle vor dem ersten Kaffee.

RadioEins ist, wie es vor und nach jedem Werbeblock säuselt, „nur für Erwachsene“. Auch bei der Musik. Nie Gehörtes wechselt mit verschollen Geglaubtem. Kurz: Alles, was auf Standard-Privatsendern nicht gespielt wird. „Wir müssen zeigen, warum wir Gebühren kriegen“, sagt Chefredakteur Barckhausen. „Wenn wir versuchen würden, viermal so viele Hörer zu kriegen, wären wir nicht mehr RadioEins.“

Morgen feiert der Sender Geburtstag. Zum Zehnten gibt es zehn Events an zehn Orten, die alle in eine Dance Party mit den – na, wie vielen? – richtig, zehn besten RadioEins-DJs münden (siehe www.radioeins.de). Und nächste Woche kann Dr. Benecke dann aufklären, warum erst morgen gefeiert wird, obwohl der Sendestart am 27. 8. 1997 war.

SARAH STRICKER

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