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Archiv-Artikel

„Viele Mediziner wirkten mit“

VORTRÄGE Das UKE widmet sich zum 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung Menschenversuchen

Von LKA
Eva Brinkschulte

■ 60, leitete im vergangenen Jahr das Institut für Geschichte und Ethik der Medizin am UKE und initiierte die Vortragsreihe.

taz: Frau Brinkschulte, was geschah in der NS-Zeit im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE)?

Eva Brinkschulte: Das UKE steht nicht im Mittelpunkt der Vortragsreihe, aber es geht um die NS-Medizin. Was wir über diese Zeit am UKE wissen, ergibt ein heterogenes Bild: Es gab sowohl Befürworter des NS-Regimes als auch Oppositionelle und eine Widerstandsgruppe, die vor allem an der Kinderklinik aktiv war. Und es gab Verfolgung: Im letzten Jahr sind Stolpersteine für jüdische MitarbeiterInnen verlegt worden.

Geht es vor allem um die Ärzte?

In der Widerstandsgruppe waren auch viele Studierende aktiv, die sich durch Flugblattaktionen hervorgetan haben. Man hat sie auch als die Weiße Rose Hamburg bezeichnet.

Die heute startende Vortragsreihe beleuchtet Menschenversuche im KZ Auschwitz.

In den Konzentrationslagern sind Menschenversuche durchgeführt worden, daran haben viele Mediziner mitgewirkt. Die bekanntesten sind Josef Mengele und Eduard Wirths.

Wirths war als SS-Standortarzt in Auschwitz und Neuengamme tätig. Warum war seine Biografie lange unerforscht?

Die Überlieferung im Staatsarchiv Hamburg für die Verbindungen zwischen Wirths’ Versuchen in Auschwitz und dem Leiter der Frauenklinik Altona ist sehr schlecht. Wirths hat 1945 eine Rechtfertigungsschrift verfasst, kurz darauf beging er Selbstmord. Dies mag ein Grund sein, warum seine Täterschaft in Vergessenheit geriet. Aber der Name Wirths tauchte auch in den Auschwitz-Prozessen auf.

Ab wann befasste sich Hamburg mit dem Geschehenen?

Das wurde in den 1980er-Jahren intensiver – das entspricht in etwa der bundesweiten Auseinandersetzung. Mittlerweile fangen die einzelnen medizinischen Fachgesellschaften an, ihre eigene Geschichte von Medizinhistorikern aufarbeiten zu lassen. Aber es gibt auch immer noch Lücken.  INTERVIEW: LKA

Auftakt der Vortragsreihe zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz: 18.30 Uhr, UKE