: „Man will den Wettbewerb reduzieren“
BANKEN Die Branche ist im Umbruch: Institute fusionieren, Geldhäuser schließen, Jobs gehen verloren. Das Kreditgeschäft ist mühsam und riskant
BERLIN taz | Keine Branche in Deutschland baut so schnell Stellen ab wie die der Banken: Seit 2001 gingen rund 16 Prozent der Jobs verloren, wie eine Studie der Landesbank Helaba zeigt. Etwa 650.000 Menschen arbeiten derzeit noch im deutschen Bankgewerbe, aber die Finanzkrisen haben deutliche Spuren hinterlassen (siehe Graphik).
Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute ist immer noch schwierig. Die Beratungsfirma McKinsey hat errechnet, dass die Eigenkapitalrendite der Banken bei nur 1,1 Prozent liegt. Bundesbank und Bankenverband malen daher die Zukunft der Branche in eher düsteren Farben: Eine weitere „Konsolidierung“ sei nötig; es müssten Banken zusammengelegt und noch mehr Filialen geschlossen werden.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kann diesen Alarmismus nicht nachvollziehen. Denn die Gehälter und Boni der Bankmanager seien immer noch sehr hoch. Investmentbanker verdienen zum Teil Millionen. „Wenn die Gewinne nicht stimmen, müsste man an die Entlohnung der Führungskräfte heran“, sagt DIW-Bankexpertin Dorothea Schäfer. Sie hat den Eindruck, dass „die Konsolidierung unbedingt herbeigeredet werden soll“. Denn weniger Banken würden weniger Konkurrenz bedeuten. „Man will den Wettbewerb reduzieren.“
In Deutschland gibt es noch immer 1.800 Banken und Sparkassen, die um die Kunden konkurrieren. In Großbritannien hingegen sind es nur 400 Institute und in Frankreich gut 900.
Der Konkurrenzdruck ist für die deutschen Banken besonders lästig, weil traditionelle Geschäftsmodelle wegbrechen. Mit Krediten ist fast kein Geld mehr zu verdienen. Selbst zehnjährige Darlehen werfen oft nur noch einen Zinssatz von 1,6 Prozent ab. Dies drückt nicht nur auf die Margen. Auch das Risiko ist kaum zu kalkulieren, wie Schäfer warnt: „Wenn die Zinsen in zwei Jahren wieder hochschnellen sollten, dann könnten sich langfristige Kredite als ein schlechtes Geschäft erweisen.“
Zudem will fast niemand einen Kredit. Die allermeisten Firmen schwimmen in Geld, und auch viele Privathaushalte haben überschüssiges Vermögen. Die Banken kämpfen daher mit einem neuartigen Phänomen: Sie werden mit Geld überflutet, das sie nicht als Darlehen weiterreichen können. Schäfer rechnet daher damit, dass „die Banken längerfristig höhere Gebühren einführen werden, um ihre Gewinne aufzubessern“.
Aber nicht nur das Kredit- und Einlagengeschäft ist schwierig geworden. Es gibt auch neue Konkurrenz: Der Zahlungsverkehr wird zunehmend von anderen Anbietern übernommen wie Vodafone, Google Wallet, Apple Pay oder Paypal. Allerdings glaubt Schäfer nicht, dass die Banken wirklich bedroht sind: „Die Institute können selbst auch digitale Plattformen aufbauen.“
Zudem ist es unwahrscheinlich, dass die neuen Internetanbieter auch ins eigentliche Bank- und Kreditgeschäft eindringen. Denn dort ist Vertrauen wichtig. So wollen Kunden sicher sein, dass sie bei einer Bankpleite geschützt sind. Sobald aber die neuen Firmen auch der Einlagensicherung angehören müssen, sind ihre Kostenvorteile wieder verschwunden. Die neuen Plattformen werden daher eine Nische bleiben, prognostiziert Schäfer: „Die meisten Kunden wollen einen Ansprechpartner in einer Filiale.“
Doch so viel ist sicher: Der Stellenabbau wird weitergehen. Die HypoVereinsbank hat schon angekündigt, dass sie Filialen schließen und weitere 1.300 Stellen streichen will.
ULRIKE HERRMANN