: Athens Außenpolitik macht der EU Sorgen
RUSSLAND Griechenland beklagt, vor der Androhung neuer Sanktionen gegen Präsident Putin nicht konsultiert worden zu sein
ATHEN taz | Eklat zwischen Brüssel und Athen: Die neue griechische Regierung hat sich darüber beschwert, dass sie nicht konsultiert worden sei, bevor die EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstag Russland wegen seiner Ukraine-Politik mit weiteren Sanktionen drohte. Ministerpräsident Tsipras äußerte seinen Unmut in einem Telefonat mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.
Aus Brüssel hieß es, die übliche Verfahrensweise sei sehr wohl „respektiert“ worden. In solchen Fällen sei es üblich, das Schweigen eines Mitgliedsstaats als Zustimmung zu werten. Diplomaten räumten aber ein, EU-Ratspräsident Donald Tusk habe sich „nicht sehr professionell“ verhalten.
Über das weitere Vorgehen in der Russland-Frage beraten am Donnerstag die EU-Außenminister, mit einer Entscheidung wird aber nicht vor dem EU-Gipfel am 12. Februar gerechnet. Sie kann nur einstimmig getroffen werden, womit Griechenland ein gewisses Druckmittel in der Hand hätte. Nach Informationen der liberal-konservativen Athener Tageszeitung Kathimerini denkt Tsipras in der Tat daran, sein Veto einzulegen. Die Zeitung berichtet, Moskau habe bereits Kenntnis von der distanzierten Haltung der Athener Linksregierung genommen und sei im Gegenzug bereit, Griechenland von den eigenen Handelssanktionen gegen die EU auszunehmen. Auch eine Verlängerung der bestehenden Sanktionen in den kommenden Monaten könnte Griechenland verhindern.
Ist Ministerpräsident Tsipras also ein Parteigänger Putins? Im Mai 2014 besuchte er Moskau. Tsipras hatte sich damals „gegen die weitere Expansion der Nato nach Osten und für eine konstruktive Politik der EU gegenüber der Ukraine und Russland“ ausgesprochen, wie es nach einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Außenausschusses der Duma, Alexei Puschkow, hieß. Tsipras wie Puschkow prangerten demnach zudem den „Neofaschismus“ der Regierung in Kiew an.
Einen Vorgeschmack der neuen griechischen Russland-Politik bekommen die EU-Außenminister bei ihrem Treffen am Donnerstag, an dem auch Außenminister Nikos Kotzias teilnimmt. Der neue Chefdiplomat gilt als brillanter Denker und scharfer Analytiker. „Sehr realistisch“ nannte ein Brüsseler Diplomat die Auffassungen des neuen Ministers. Und „mit Nuancen“ sei die „Linie von Syriza zu Russland nicht so grundlegend anders“ als unter der konservativen Vorgängerregierung. J. PAPADIMITRIOU