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Archiv-Artikel

Hartz IV: Wowereit bekommt Dresche

Linke und Grüne kritisieren die Äußerung des Regierenden Bürgermeisters, die Hartz-IV-Sätze seien ausreichend. Linke-Chef Lederer wirft Wowereit „Stammtischargumentation“ vor: Auf Hartz IV beruhende Armut sei Massenerscheinung

Die Opposition und der Koalitionspartner haben den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) scharf für seine Äußerung kritisiert, der Regelsatz des Arbeitslosengeldes II sei ausreichend. Die auf Hartz IV beruhende Armut sei gerade in Berlin zu einer Massenerscheinung geworden, sagte Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linken. Allein in der Hauptstadt sei davon eine halbe Million Bürger betroffen. „Dem kann nicht mit verallgemeinernden Stammtischargumenten wie dem Hinweis auf die Unfähigkeit zum Umgang mit Geld begegnet werden.“

Wowereit hatte in einem Interview gesagt, es nutze nichts, solchen Familien die staatliche Unterstützung zu erhöhen, die „nicht mit Geld umgehen können, die sich vom Konsum berauschen lassen, statt erst einmal die notwendigsten Dinge zu bezahlen“. Von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe könne man zwar nicht in Saus und Braus leben, so Wowereit, aber das Geld sei falsch investiert, wenn Hartz-IV-Empfänger es lieber in die neuesten und teuersten Handys steckten, als ihren Kindern etwas Vernünftiges zu essen zu kaufen.

Im Gegensatz zu Wowereit fordert die Linke eine Erhöhung des ALG-II-Regelsatzes von 347 auf 420 Euro. „Das ist auch keine Grundlage für große Sprünge, würde aber vielen Familien in Berlin helfen, ihren Kindern eine vernünftige Schulausstattung zu bezahlen“, sagte Lederer.

Auch die Opposition wirft dem Regierenden Verkennung der realen Verhältnisse vor. Dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten auch eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes erforderten, werde nicht einmal mehr von der CDU bestritten, sagte Ramona Pop, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Besonders die Kinderarmut sei ein großes Problem: „Offensichtlich hat der Regierende Bürgermeister jegliche Bodenhaftung verloren, wenn er meint, dass für die im Regelsatz vorgesehenen 2,55 Euro pro Tag eine gesunde Ernährung für ein Kind zu leisten ist“, so Pop weiter. „Wir erwarten, dass Wowereit sich für einer armutsfeste Anhebung der Kindersätze starkmacht, anstatt markige Sprüche zu klopfen.“ Die Hartz-Gesetzgebung hatte die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder beschlossen.

Das Erwerbslosenforum Deutschland forderte den Bürgermeister auf, erst nachzudenken und dann Interviews zu geben – „anstatt pauschal Hartz-IV-Betroffene als Menschen zu diskriminieren, die nicht mit Geld umgehen können“. Mit solchen Statementes werde von den Themen der Armut abgelenkt und negative Stimmung gegen Erwerbslose gemacht, sagte Sprecher Martin Behring. LANA STILLE