Die Asse-Region geht leer aus

AUSGLEICHSFONDS Bundesumweltminister Röttgen findet nicht, dass die Umgebung des maroden Atommülllagers Finanzhilfe braucht. Das treibt sogar Parteifreunde auf die Barrikaden

„Unkollegial, unfair und absolut unmöglich“

CDU-Mann Frank Oesterhellweg

Frust vor Ort, scharfe Kritik von Parteifreunden und der Opposition: In Niedersachsen hat sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) mit seiner Absage an einen Asse-Entschädigungsfonds eine Menge Ärger eingehandelt.

Die Samtgemeinde Asse hatte schon vor Monaten beim Ministerium um Ausgleichszahlungen für die durch das marode Atommülllager entstandenen Imageschäden ersucht. Das Geld soll vor allem in Infrastruktur und kulturelle Angebote investiert werden. Vorbild ist der „Konrad“-Fonds: Daraus sollen die Stadt Salzgitter und andere vom künftigen Endlager Schacht Konrad betroffenen Kommunen bis zu 100 Millionen Euro erhalten.

Jetzt kam die Antwort aus Berlin. „Grundlage für eventuelle finanzielle Hilfen für die Region sind in jedem Fall konkrete Erkenntnisse über mögliche Belastungen“, schrieb Umweltstaatssekretär Jürgen Becker an Samtgemeinde-Bürgermeisterin Regina Bollmeier. Diese Belastungen ergäben sich aber erst, wenn das Bundesamt für Strahlenschutz ein Gesamtkonzept für die Rückholung der radioaktiven Abfälle vorgelegt habe. „Ein solches liegt noch nicht vor.“

Der Samtgemeinderat ist schwer enttäuscht. Eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Brief werde man zunächst aber nicht abgeben, erklärte die Bürgermeisterin. Stattdessen solle das direkte Gespräch mit Minister Röttgen gesucht werden, der im November die Region und das Bergwerk Asse besuchen will.

Heike Wiegel von der örtlichen Bürgerinitiative „AufpAssen“ weist die Argumentation des Ministeriums zurück. „Wir haben hier doch Belastungen, seit es Einlagerungen gibt“, sagt sie. Röttgen mache es sich viel zu einfach.

Heftiger fällt die Schelte von den eigenen Leuten aus: Röttgens Glaubwürdigkeit als Minister sei „dahin“, urteilt etwa die Braunschweiger CDU-Landtagsabgeordnete Abgeordnete Heidemarie Mundlos. „Unkollegial, unfair und absolut unmöglich“ nennt ihr Wolfenbütteler Fraktionskollege Frank Oesterhellweg das Verhalten des Ministers. Er sei „äußerst enttäuscht, dass der Entschädigungsfonds ohne Rücksprache vom Programm genommen ist, obwohl schon konkrete Schäden entstanden sind.“ Oesterhellweg will das Thema kommende Woche im Parteivorstand ansprechen.

SPD-Fraktionsvize Detlef Tanke erkennt in Röttgens Tun eine erneute „Brüskierung“ Niedersachsens. Wie kürzlich beim Thema Gorleben habe der Minister eine schwerwiegende Entscheidung gegen die Interessen des Bundeslandes getroffen. RP