Ärzte-Meile in Schwachhausen

KLINIKEN An der Schwachhauser Heerstraße siedeln sich Ärzte an, die in den Häusern der kommunalen „Gesundheit Nord“ Probleme bekamen. Die erzürnt mit ihrer Strategie die niedergelassenen Mediziner

Die neuen ambulanten Versorgungszentren werden als Konkurrenz zu privaten Praxen staatlich finanziert und abgesichert.

Der Chefarzt der Frauenklinik Links der Weser (LdW), Tayan Öney, hat am 30. September seinen letzten Arbeitstag unter dem Dach der kommunalen Klinik-Holding „Gesundheit Nord“ (Geno) gehabt. Er hatte im Frühjahr unter Protest gegen die Klinikpolitik des Geno-Chefs Diethelm Hansen sein Ausscheiden angekündigt. Im April des kommenden Jahres will Öney in eine Praxis für Frauenheilkunde an der Schwachhauser Heerstraße 367 einsteigen. „Ich will nicht Vorsorgeuntersuchungen machen“, sagt er, „sondern operieren in meinem onkologischen Spezialgebiet“ – also Krebserkrankungen bei Frauen. Operieren wird er im Klinikum Delmenhorst – das hat ihm dort Geschäftsführer Peter Stremmel, einst Chef am LdW, angeboten.

Auch Stremmel musste gehen, weil er sich der Herabstufung seines Klinikums LdW widersetzte. Öney geht in die Praxis des früheren Chefarztes der Frauenklinik im Klinikum Mitte, Willibald Schröder, dessen Vertrag dort aufgekündigt wurde. Auch diesen Frauenarzt hat Stremmel an sein neues Haus gebunden. „Hervorragende Ärzte“, sagt Stremmel, da greift er gern zu.

Bisher gibt es für Öney keinen Nachfolger am LdW. Vier Bewerber gab es auf die Ausschreibung. Der Erstplatzierte hat inzwischen abgesagt. „Wenn dort keine Mamma-Chirurgie stattfinden darf und keine Betreuung von Frühgeburten, dann wundert mich das geringe Interesse nicht“, sagt Öney. Wegen dieser durch die Holding auferlegten Beschränkungen hatte er gekündigt.

In der Schwachhauser Heerstraße 63a entsteht derweil ein Ärztehaus, in dem andere Ärzte angekommen sind, die unter Dach der kommunalen Gesundheit Nord Probleme hatten. Zum Beispiel hat die radiologische Spezialpraxis Lentschig/Franzius, deren Mietvertrag am Klinikum Mitte im vergangenen Jahr gekündigt worden war, vor einer Woche eine Praxis eröffnet.

Siemens stellte dort ein neues Untersuchungsgerät auf, das es bisher weltweit in keiner Praxis gibt und mit dem Krebs-Geschwüre in seinem sehr frühen Stadium und sehr genau identifiziert werden können (siehe Interview Seite 23).

Grundsätzlich ist es die Politik des Geno-Geschäftsführers Hansen, ärztliche Spezialleistungen die in den letzten Jahren auf private Praxen auf dem Klinik-Gelände ausgelagert wurden, wieder unter das staatliche Dach zu holen, die Verträge mit den privaten Praxen also zu kündigen und zudem neue ambulante Versorgungszentren (MVZ) auf dem Klinik-Gelände aufzubauen – als Konkurrenz zu privaten Praxen, aber mit staatlicher Finanzierung und Risiko-Absicherung. Das bringt die niedergelassenen Ärzte gegen die kommunale Klinik-Holding auf.

In diesem Ärztehaus wird auch die kardiologisch-onkologische Praxis, die bisher vor allem am LdW angesiedelt ist, eine Dependance eröffnen.

Geno-Chef Hansen hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er für diese Spezial-Praxis auf Dauer keinen Platz am Klinikum Links der Weser sieht. Die Ärzte haben aber das juristische Tauziehen vorerst gewonnen: Ihr Vertrag mit dem LdW läuft noch zehn Jahre. Das neue Standbein in der Schwachhauser Heerstraße soll sich zunächst auf den Bereich der Angiologie konzentrieren, also auf Erkrankungen der Arterien, Venen und Lymphgefäße, die oft mit Herz-Erkrankungen zusammengehen.

In diesem neuen Ärzte-Zentrum in der Schwachhauser Heerstraße will schließlich die Residenz-Gruppe, für die Stremmel auch arbeitet, ein „Diagnostik-Zentrum“ einrichten. Fachärzte aus den von ihm geleiteten verbundenen Kliniken in Lilienthal und Delmenhorst werden für Privatpatienten in Bremen Sprechstunden anbieten. „Wir setzen natürlich darauf, dass diese Patienten bei Bedarf in unseren Kliniken behandelt werden“, sagt Stremmel. kawe