: Hosen runter in Miesbach
SPEZLN Ein Ex-Sparkassenchef und ein Ex-Landrat verteilten Geld an Freunde. Der jetzige grüne Landrat soll aufklären, doch auch sein Haus wurde bei einer Razzia durchsucht
■ 2007: Renovierung des Landratsamts für 450.000 Euro
■ 2008: die Trauerfeier eines Ex-Landrats für über 30.000 Euro
■ 2009: Bürgermeisterfahrt nach Triest für über 55.000 Euro
■ 2010: Geburtstagsfeier des Vize-Landrats für über 55.000 Euro und Einrichtung eines Rathauses für 100.000 Euro
■ 2011: Fahrt des Kreistags in die Steiermark für über 26.000 Euro
■ 2012: Fahrt ins Grüne mit Bürgermeister für 49.244 Euro, Geburstagsfeier des Miesbacher Ex-Landrats Kreidl für 77.000 Euro, Abschiedsfeier von Sparkassen-Chef Bromme für 100.000 Euro, inklusive Geschenk für 7.500 Euro
AUS MIESBACH LISA SCHNELL
Um 7 Uhr am Dienstag voriger Woche klopften zwei Beamte an die Wohnungstür des Oberbayern Michael Pelzer im Landkreis Miesbach. Nach zwei Stunden Hausdurchsuchung nahmen sie nicht mehr mit als einen Regenschirm. „Das find’ ich nicht nachvollziehbar“, sagt Pelzer.
Pelzer war von 2008 bis 2013 Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse Miesbach-Tegernsee. Er ist einer von 16 Beschuldigten, bei denen die Staatsanwaltschaft letzte Woche bei einer Großrazzia im Landkreis Miesbach vorbeischaute. Zu dick ist der Filz zwischen Kommunalpolitik und Sparkassen, den die Affäre um den Ex-Landrat Jakob Kreidl ans Licht brachte. Der hatte an seinem Geburtstag ausgiebig gefeiert, auch dank eines kleinen Zuschusses von 77.000 Euro von seinem Sparkassen-Spezl, dem Vorstandschef Georg Bromme.
Das teure Festchen ist nicht Gegenstand der derzeitigen Ermittlungen, doch was im Zuge der Affäre herauskam, reicht auch schon. Insgesamt soll über eine Million Euro veruntreut worden seien. Mit Sparkasseneuros wurden Ausflüge von Bürgermeister und Kreistag von insgesamt über 130.000 Euro finanziert oder Jagdkumpel von Sparkassen-Chef Bromme mit großzügigen Spenden um die 60.000 Euro bedacht. Der ist Hauptverdächtiger, doch die 75 Beamte und 13 Staatsanwälte klopften auch an die Tür des jetzigen Landrats, dem Grünen Wolfgang Rzehak.
Von 2008 bis 2014 war Rzehak im Verwaltungsrat der Sparkasse. Was wusste er? Vorgeworfen wird ihm wohl Untreue und Vorteilsnahme in vier Fällen. Die vier Fälle sind wohl die gleichen wie bei seinem damaligen Kollegen Pelzer: das Halstuch – mit Jagdmotiven, der Sparkassenchef jagte ja so gerne –, ein Regenschirm mit Hirschhornknauf, ein Flaschenhalter und ein Brotzeitbrett. Die Weihnachtsgeschenke sollen zwischen 90 und 270 Euro gekostet haben. Seltsam, denn das Brett ist nicht mehr als eine Spanplatte, das Halstuch für 40 Euro im Laden zu kaufen. Sehr teuer sähen die Geschenke nicht aus, meinten auch die Beamten. Landrat Rzehak müsse kein schlechtes Gewissen haben, wenn er sie angenommen hat, so Pelzer.
Zusätzlich wird Rzehak wohl vorgeworfen, den Beschluss des Vorstands, ein Besprechungszimmer im Landratsamt für 110.000 Euro auszustatten, „zustimmend zur Kenntnis genommen“ zu haben. In den Augen der Ermittler ist die Aufhübschung des Landratsamts eher nicht die Aufgabe einer Sparkasse. Der Grünen-Landrat Rzehak meinte damals aber, dass die „Ausstattung eines öffentlichen Raums“ durchaus unterstützt werden könne, so Pelzer.
Rzehak teilte schriftlich mit, es sei „völlig in Ordnung“, dass auch bei ihm „hingeschaut“ werde. Dass „etwas hängen bleibe“, glaubt keiner seiner Parteikollegen. Auch Pelzer, der mit Rzehak im Verwaltungsrat saß, sagt: „Wir haben nichts gewusst.“ Trotzdem findet er, Rzehak sollte Konsequenzen daraus ziehen, dass auch gegen ihn ermittelt wird. Bis jetzt trieb er als Vorsitzender des jetzigen Sparkassenverwaltungsrats die Aufklärung voran. Pelzer meint, diese Aufgabe sollte er jetzt abgeben, weil er nun „befangen“ sei.