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Archiv-Artikel

Der G-8-Gipfel – jetzt als Hörbuch

Abschlussbericht über Polizeieinsatz in Heiligendamm bringt kaum Licht ins Dunkel

BERLIN taz ■ Der Innenminister las vor. Über Tornado-Flüge, verletzte G-8-Gegner, den Sicherheitszaun von Heiligendamm. Wenn Lorenz Caffier (CDU) umblätterte, blätterten auch die fünf Beamten neben ihm. Die Abgeordneten des Innenausschusses durften dagegen nur zuhören. 90 Minuten lang. Dann platzte selbst dem Koalitionspartner SPD der Kragen. „Ich bin ja ein großer Fan von Hörbüchern“, grummelte Norbert Nieszery, der Vorsitzende des Innenausschusses im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, „aber noch einmal passiert das nicht.“

Geheimhaltung – das sollte der Grund für die absonderliche Vorstellung des Abschlussberichtes zum G-8-Einsatz der Polizei am Donnerstagabend sein. Viel Geheimnisvolles wurde dabei allerdings nicht enthüllt, wenn auch manche Absurdität bestätigt. Die Verfasser geben ebenso wie zuvor das Bundesverteidigungsministerium zu, dass die Tornado-Flüge über den G-8-Camps von der Polizeieinsatzleitung angefordert werden konnten. Insgesamt sieben Stück, obwohl nur zwei Flüge genehmigt waren (taz berichtete). Dass die Kampfjets zu fünf Sondertouren aufbrachen, entschieden laut Bericht ein Kriminalrat und eine Kommissarin der mittleren Führungsebene von Kavala.

Caffier sah dies dadurch gedeckt, dass die Amtshilfe von der Bundeswehr zugesagt worden war. Auch dass er nicht persönlich über jeden Tornado-Flug entschied, rechtfertigte er: Juristisch sei daran nichts zu beanstanden. Insgesamt sei der Polizeieinsatz trotz kleinerer Fehler ordnungsgemäß abgelaufen. An dieser Einschätzung konnten auch die Vertreter der Gewerkschaft der Polizei nichts ändern. Hatte sie in einem eigenen Bericht Ende September noch schwere Vorwürfe gegen Innenminister Caffier wegen taktischer Fehler erhoben, so wurden die Gewerkschafter in Schwerin immer kleinlauter.

Die Opposition tat sich dementsprechend schwer, gestern einen Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz in Heiligendamm zu fordern. Linke und FDP hatten angekündigt, nach dem Erscheinen des Abschlussberichts über einen solchen Ausschuss zu entscheiden. „Wir halten uns die Option offen, aber erst mal müssen wir den Bericht schriftlich haben“, so Peter Ritter, Landeschef der Linken und Mitglied im Innenausschuss. Gino Leonhardt, Innenexperte der FDP, meint: „Wir müssen erst einmal prüfen, ob der Innenminister versucht, etwas zu vertuschen oder zu verschleiern.“ Natürlich zeige es „einen großen Mangel an politischer Sensibilität, dass Caffier nicht über jeden Tornado-Einsatz persönlich entschieden hat, insbesondere nach den Diskussionen im Vorfeld des G-8-Gipfels“, so Leonhardt weiter. Eine juristisch sattelfeste Begründung für einen Untersuchungsausschuss biete das aber wohl nicht. DANIEL SCHULZ