: Die Kita-Klagewelle bleibt wohl aus
LEIPZIGER URTEIL Trotz des sächsischen Falles stehen die Chancen auf erfolgreiche Verfahren nicht gut
BERLIN taz | Seit August 2013 hat jedes Kleinkind einen einklagbaren Anspruch auf einen Kitaplatz. Am Montag gab es am Landgericht Leipzig ein erstes, wenn auch noch nicht rechtskräftiges Urteil, in dem Eltern mit ihrer Beschwerde erfolgreich waren.
Weil die Stadt Leipzig nicht rechtzeitig Kitaplätze für die Kinder bereitstellen konnte, sprach das Gericht den klagenden drei Müttern 15.000 Euro Lohnausfall zu. Statt arbeiten gehen zu können, mussten die Frauen auf die Kinder aufpassen. Die Stadt könne sich nicht damit entlasten, dass die freien Träger und privaten Investoren die Kindertagesplätze nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt hatten, so das Landgericht.
Wird das Urteil rechtskräftig, wäre es ein Fall mit rechtsgrundsätzlicher Bedeutung, so Natalie Wolfrum von der Leipziger Kanzlei Füßer, die die Eltern vertrat. Dennoch rechnet der Städte- und Gemeindebund nicht mit einer neuen Klagewelle durch das Urteil. „Der Ausbau geht schnell voran“, so eine Sprecherin. Alleine 2015 wurden 450 Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Kinderbetreuung vom Bund zur Verfügung gestellt. Von denen wurde der größte Teil bereits abgerufen. „Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass es in Großstädten und Ballungsräumen noch zu Engpässen kommt. Gerade Stuttgart, München und Köln sind betroffen“, so Ursula Krickl von dem Kommunalverband. Bislang gab es dennoch wenige Klagen.
Dass der Sturm auf die Gerichte ausblieb, liege auch daran, dass die Chancen auf einen Sieg nicht gerade gut stünden, sagt der auf Kita-Recht spezialisierte Anwalt Holger Klaus. In Berlin etwa sei es schon mit etwas Fahrerei möglich, eine Tagesstätte zu erreichen: „Das ist dann laut Gesetz zumutbar.“ Er selbst hat in seiner Kanzlei keine einzige Kita-Klage behandelt.
Besonders in Köln hatte es nach Einführung des Rechtsanspruchs zunächst aber viele Verfahren gegeben: Mehr als zwei Drittel aller Klagen in 2013 zu Kitaplätzen gab es in der Rheinmetropole. Hier stellte das zuständige Gericht jedoch klar, dass das Einklagen in eine Wunschkita nicht möglich ist, sondern nur ein allgemeiner Anspruch auf einen Platz besteht. Daraufhin wurde ein Großteil der anderen Klagen wieder zurückgezogen.ALINA LEIMBACH