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Archiv-Artikel

„Zu wenig Platz für Weiterbildung“

BILDUNGSMESSE Europas größte Bildungsmesse „Didacta“ findet Ende Februar in Hannover statt. Schwerpunkt ist neben Schule und Frühpädagogik vor allem die Digitalisierung in der Aus- und Weiterbildung

Reinhard Koslitz

56, ist Betriebswirt und seit 1998 Geschäftsführer des Didacta-Verbandes der Bildungswirtschaft, Träger der europaweit größten Bildungsmesse.

INTERVIEW BIRK GRÜLING

taz: Herr Koslitz, wenn nicht gerade Bildungsmesse ist: Welche Aufgaben und Funktionen hat der Didacta-Verband der Bildungswirtschaft?

Reinhard Koslitz: Wir verstehen uns als Bildungsverband, der sich mit mehr als 250 Unternehmen und Organisationen für bessere Rahmenbedingungen im Bildungsbereich stark macht. So sind wir sowohl als Interessenvertreter für die Branche als auch als Fürsprecher für Fach- und Lehrkräfte unterwegs. Auf der Bildungsmesse „Didacta“ und während des gesamten Jahres veranstalten wir Symposien, Dinge wie Foren und Kongresse, die sich in erster Linie an Fach- und Lehrkräfte richten, beispielsweise auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig.

Was verbirgt sich hinter dem diesjährigen Messe-Motto „Bildungsgipfel im Flachland“?

Dieser Titel ist bewusst allgemein gehalten, weil wir uns sowohl an Erzieher und Lehrer als auch an Trainer und Ausbilder richten. Wir beschäftigen uns in einer ganzen Halle mit der Frühpädagogik. Die Schule spielt traditionell eine große Rolle, genau wie Hochschulen. Ein Sonderbereich der Messe wird sich mit Digitalisierung im Bildungssektor beschäftigen. Zu guter Letzt gibt es noch einen Themenschwerpunkt zu „Beruflicher Bildung und Qualifizierung“.

Welche Schwerpunkte setzen Sie auf der „Didacta“ im Bereich Aus- und Weiterbildung?

Ein großes Thema ist die Internationalisierung der Bildungslandschaft. Unser Duales System hat sich zu einem weltweiten Vorbild entwickelt. Ebenfalls ein Thema ist die Inklusion im Berufsleben. Hier steht unsere Gesellschaft vor einer großen Herausforderung. Menschen mit Behinderung sollen und müssen stärker in das berufliche Leben integriert werden. Hierzu wird es einige Podiumsdiskussionen und Workshops geben. Die Messe wird auch IT-Trends in Sachen Aus- und Weiterbildung zeigen. Ein neues Thema dabei ist der Datenschutz und die IT-Sicherheit für innerbetriebliche Bildungsangebote. Außerdem sprechen wir über die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung.

Welche Trends zeichnen sich im Bereich der „digitalen Weiterbildung“ ab?

Wir beobachten einen positiven Trend zur Interaktivität. Früher bestand E-Learning oft aus PDFs oder ein paar Videos. Inzwischen sind wir einen Schritt weiter – die Lernenden werden viel stärker beim E-Learning begleitet und der virtuelle Austausch untereinander stärker gefördert. Auch interaktive Tests oder Serious Games spielen eine immer größere Rolle.

Welche Rolle spielt Weiterbildung für das pädagogische Personal?

Unsere knapp 1.400 Veranstaltungen sind sehr gut besucht. Insgesamt haben wir 25.000 Seminarteilnehmer, die mit neuen Bildungsimpulsen an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Auf der anderen Seite bleibt in dem oft stressigem Arbeitsalltag der Lehrer und Erzieher zu wenig Platz für Weiterbildung. Selbst für einen Messebesuch haben nicht alle interessierten Lehrer Zeit oder bekommen eine Freistellung durch ihre Schule. Aber natürlich hoffen wir, mit unseren kompakten Veranstaltungen wichtige Impulse zu setzen, die vielleicht zu einer weitergehenden Fortbildung anregen.

Sie sind Betriebswirt – welche Rolle spielt Bildung als Wirtschaftsfaktor?

Die deutsche Bildungswirtschaft ist ein Treiber für hohe Qualität im Bildungswesen. Mit ihren Produkten und Qualifizierungsangeboten unterstützt sie Lehr- und Lernprozesse und trägt so entscheidend dazu bei, dass Bildung für alle Menschen gelingen kann. Auch die internationale Nachfrage nach Bildung „Made in Germany“ ist hoch, wie wir auf zahlreichen Auslandsmessen jedes Jahr erfahren. Die Bildungswirtschaft agiert jedoch auch auf nationalen Märkten, die stark abhängig sind von der öffentlichen Investitionsbereitschaft in Bildung – und diese hinkt seit Jahren, gemessen an der Wirtschaftskraft Deutschlands, im internationalen Vergleich hinterher. So gesehen ist der Umsatz der Branche sehr viel kleiner als ihr Wert für den Einzelnen und die Gesellschaft.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 15 Jahre „Didacta“?

Dass es uns auch weiterhin gelingt, die Pädagogen bei ihren wichtigen Aufgaben zu unterstützen. Dieser Wunsch hat viele Facetten: von einer bedarfsgerechten Ausstattung aller Lernorte über geeignete Fortbildungsangebote bis hin zu einer höheren Anerkennung der Lehrberufe, dazu möchten wir beitragen. Ganz grundsätzlich hoffe ich, dass sich der Wert der Bildung nicht mehr nur an der aktuellen Kassenlage bemisst. Wir brauchen ein tragfähiges Finanzierungskonzept für Bildung. Bund, Länder und Kommunen müssen einen gemeinsamen Weg finden, wie sie nachhaltig in Bildung investieren, ohne sich ständig über Folgekosten zu streiten.

24. bis 28. Februar, Messegelände Hannover