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Archiv-Artikel

Sie entführen und töten im Namen des Herrn

SCHLÄCHTER 1986 entstand die Lord’s Resistance Army in Uganda, heute kämpft sie international

Die Lord’s Resistance Army (LRA), die Widerstandsarmee des Herrn, entstand 1986 als „Holy Spirit Movement“ (Bewegung des Heiligen Geistes) im Norden Ugandas. Im Januar 1986 hatte nach jahrelangem Bürgerkrieg in Uganda der westugandische Rebellenführer Yoweri Museveni die bisherigen Militärherrscher aus dem nordugandischen Acholi-Volk gestürzt. Acholi-Soldaten kämpften weiter und gründeten in der Tradition zentralafrikanischer Buschrebellionen im August 1986 die „Bewegung des Heiligen Geistes“ mit der Priesterin Alice Lakwena an der Spitze. Als sie von Museveni geschlagen wurde und nach Kenia floh, übernahm der Priester Joseph Kony die Kontrolle und machte daraus die LRA. Sowohl Lakwena als auch Kony bezeichnen sich als „wiedergeboren“ mit direktem Draht zum Heiligen Geist, der ihnen übernatürliche Kräfte zur Durchsetzung der Zehn Gebote auf Erden verleihe.

Der Krieg der LRA in Uganda ähnelte keinem anderen Guerillakrieg in der Region. Konys Kämpfer kontrollierten nie Städte und bildeten nie eine politische Gegenmacht. Sie verübten Überfälle und Massaker, entführten und zwangsrekrutierten Kinder und Frauen zu Zehntausenden als Kämpfer, Träger und Sexsklaven. Damit trieben sie bis zu zwei Millionen Menschen aus Angst in die Flucht in die Städte oder in Flüchtlingslager. Ganze Landstriche in Norduganda wurden entvölkert und unregierbar. Waffen erhielt die LRA von der Regierung Sudans, die damit Druck auf Uganda ausübte, das Südsudans Rebellen unterstützte. Bis 2005 soll die LRA über 100.000 Menschen in Norduganda entführt und mehrere Zehntausend getötet haben.

Frieden in Norduganda kehrte erst ein, nachdem im Januar 2005 Sudans Regierung Frieden mit den Rebellen Südsudans schloss und im Oktober 2005 der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Joseph Kony und vier seiner Kommandanten erließ. In Uganda selbst stand LRA-Kämpfern Straffreiheit zu, wenn sie freiwillig die Waffen abgaben. So verlor die LRA im Sudan ihre Basen und in Uganda ihre Kämpfer. Im August 2006 schloss Kony einen Waffenstillstand mit Ugandas Regierung. Seitdem ist Norduganda friedlich und die Kriegsvertriebenen gehen nach Hause.

Der Krieg der LRA geht jedoch in den Nachbarländern weiter – ihr harter Kern zog sich 2006 aus Uganda in die benachbarte Demokratische Republik Kongo zurück, in Basen im Garamba-Nationalpark, um der Verhaftung zu entgehen. Im März 2007 kündigte Kony den Waffenstillstand wieder auf. Der letzte Versuch eines Friedensabkommens scheiterte im April 2008. Seitdem marodieren LRA-Kämpfer im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, im Südwesten Südsudans, im Osten der Zentralafrikanischen Republik. Es sind nur noch wenige hundert, aber sie haben ein Vielfaches an Menschen umgebracht und bis zu einer halben Million vertrieben. Die Armeen der betroffenen Länder arbeiten mithilfe der UN-Mission im Kongo sowie US-Militärberatern zusammen, um die LRA endgültig zu zerschlagen. DOMINIC JOHNSON