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Assia Djebar ist tot

NACHRUF I Die Schriftstellerin aus Algerien beschrieb die Zerrissenheit ihres Landes

MADRID taz | Fatima-Zohra Imalayène ist tot. Die unter ihrem Künstlernamen Assia Djebar weltweit bekannte algerische Schriftstellerin verstarb am Freitag im Alter von 78 Jahren in einem Krankenhaus in Paris.

Djebar war die Stimme ihres zwischen Tradition und der französischen Kolonialherrschaft hin und her gerissenen Heimatlandes Algerien. Etwas, was sich in ihrem Elternhaus und damit in ihrem eigenen Leben widerspiegelte. Ihr Vater war Lehrer an der französischen Schule in Cherchell, ihre Mutter war eine traditionelle, strenggläubige Frau. Djebar ging – so wollte es ihr Vater – auf die Schule der Kolonialherren und gleichzeitig – so wollte es die Mutter – auf die örtliche Koranschule. Als erste algerische Frau schaffte sie es auf eine Pariser Eliteschule.

Ihr Werk verfasste Djebar ausschließlich auf Französisch. Das brachte ihr 1999 einen Sitz in der königlichen belgischen Sprachakademie und sechs Jahre später auch in der französischen Sprachakademie ein. Sie unterrichtete an Universitäten in Frankreich und den USA.

Djebars meist mosaikartig angelegten Romane beschäftigen sich mit der tragischen Kolonialgeschichte ihres Landes sowie mit der Rolle der Frau und ihrer schwierigen Emanzipation in der algerischen Gesellschaft. Djebar bediente sich dabei der oralen arabischen und kabylischen Literatur und vermischte sie sprachgewandt mit dem modernen, französischen Teil ihres Denkens. Was dabei herauskam, ist ein literarisches Ebenbild eines Landes und einer Gesellschaft, die auf der Suche nach seiner Identität mehrmals in eine tiefe Krise stürzten.

Unter anderem erhielt sie für ihr Werk den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels im Jahr 2000. Zu ihren bekanntesten Romanen gehören „Durst“ (1957, „Weit ist mein Gefängnis“ (1995) und „Weißes Algerien“ (1996).

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