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Archiv-Artikel

Monströse Hecken

Der Knick-Erlass ist gekippt, das Naturschutzgesetz ausgedünnt. Jetzt verfügt die Kieler Landesregierung neue Regeln für die Knick-Pflege

VON GERNOT KNÖDLER

Die Knicks in Schleswig-Holstein drohen zu monströsen Gartenhecken zu mutieren. Davor hat der Naturschutzbund (NABU) gewarnt. Durch neue Vorschriften des Landwirtschaftsministeriums drohten alte Knicks vermehrt durch weniger wertvolle Neupflanzungen ersetzt zu werden. Die buschigen Heckenreihen drohten, sich in schmale, glatt rasierte Wände zu verwandeln – ein Graus für das Getier, das sich darin zu verstecken versucht. Und ein Graus für die Touristen, die sich an den Knicks als Landschaftselement erfreuen.

Offenbar ist Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) gerade dabei, den Knickschutz wieder detaillierter zu regeln, nachdem er im ersten Überschwang eine Reihe von Vorschriften gestrichen hatte. So hob der im April 2005 ins Amt gekommene Minister im folgenden August den so genannten Knick-Erlass auf, genauer: die elfseitigen „Erläuterungen und Hinweise für die Behandlung von Knicks und Bäumen“ aus dem Jahr 1996. „Die Regelungen sind so kompliziert, dass sie in der Praxis kaum noch umgesetzt worden sind“, hieß es damals in einer Mitteilung aus dem Ministerium. Im März 2007 dampfte von Boetticher mit dem neuen Landesnaturschutzgesetz dann den Knickschutz von fünf auf zwei Absätze ein: ein Beitrag zur „Entbürokratisierung“.

Inzwischen hat das Ministerium mit dem Bauern- und dem Lohnunternehmerverband eine „freiwillige“ Vereinbarung darüber getroffen, wie die Knicks zu pflegen sind. Außerdem ist eine „Handreichung“ für die unteren Naturschutzbehörden in Arbeit, die helfen soll, einen Ausgleich für zerstörte Knicks zu schaffen. Während das Ministerium zumindest im zweiten Fall darauf pocht, dass es sich nur um Handlungsempfehlungen handele, argumentiert der NABU, die Vorschriften seien letztlich doch verbindlich. Damit wäre der alte Erlass durch die Hintertür wieder da – wenn auch abgeschwächt.

Die Landwirte wollen zwar das 45.000 Kilometer lange Netz der Knicks quantitativ erhalten. Dort, wo die alten Knicks die Arbeit mit den neuen großen Maschinen erschweren, sollen sie jedoch weichen. Den neuen Ausgleichsregeln zufolge soll für jeden entfernten Meter Knick ein neuer angelegt werden. „Die Befürchtung, dass die Knicks kilometerweise aus dem Land verschwinden“, versichert Ministeriumssprecher Christian Seyfert, „ist unbegründet.“

Der NABU argumentiert dagegen mit der Qualität der Knicks: Ein neu angelegter Erdwall mit Sträuchern und Bäumen darauf brauche Jahrzehnte, bis er ökologisch so wertvoll sei wie ein alter Knick, „wenn das überhaupt erreichbar ist“, sagt Fritz Heydemann vom NABU. Mindestens zehn Jahre dauere es alleine, bis die Gehölze zum ersten Mal „geknickt“, also über dem Strunk abgesäbelt würden. Im Gegensatz zu neuen Knicks seien alte oft mit magerer Erde aufgebaut worden, so dass sich dort eine spezielle Vegetation ausbildete. Zerstörte alte Knicks müssten deshalb nicht im Verhältnis eins zu eins, sondern mindestens eins zu zwei ausgeglichen werden.

Auch die Vorschläge für die Pflege der Knicks hält der NABU für falsch. Demnach dürften die von den Bauern beauftragten Lohnunternehmen mit ihren Maschinen zum Heckenstutzen ganz dicht an die Knicks heranfahren. Mit rotierenden Ketten, Klöppeln oder Messern werden beim so genannten „Schlägeln“ die in die Felder ragenden Triebe abgehauen. Bisher mussten die Maschinen dabei einen Meter Abstand zum Fuß des Knickwalls halten. Jetzt dürften die Knicks „wie monströse Gartenhecken geschlägelt werden“, sagt Heydemann. Sie würden immer schmaler, weil auch ihr Wallfuß häufig angepflügt werde. Heydemann zufolge übersehen die Landwirte, dass das Schlägeln Geld kostet – einen Meter Acker mehr bestellen zu können, bringe dagegen aber wenig ein.