WAS MACHT EIGENTLICH ... der Friedrichstadtpalast?
: Einen Taktwechsel

„Rhythmus Berlin“ heißt eine der aktuellen Revueproduktionen, die mit viel Glitzer an der Fassade des Friedrichstadtpalastes beworben wird. Viele Jahre bewegte sich der Tempel der leichtbekleideten Muse in einem rentnerfreundlichen Ost-Trott. In stetem Takt rollten Reisebusse an und luden ihre silberhaarigen Fahrgäste ab. Egal, ob ein Hexenspektakel oder eine Unterwassershow – der Saal war immer voll. Die Gäste, zumeist aus anderen Teilen der Republik angereist, kauften mit der teuren Eintrittskarte ein wenig Hauptstadtglamour, garniert mit einem Schuss Frivolität. Die Beene von Berlin, mein lieber Herr Gesangsverein!

Diese Zeiten sind nun endgültig vorbei. Vielleicht weil das ganze Beineschwenken mit Musik angesichts moderner Theaterproduktionen altbacken wirkt? Vielleicht ist der Besuch des Friedrichstadtpalasts in Zeiten des Sozialabbaus auch einfach zu teuer geworden. Jedenfalls bleiben die Reisebusse weg. 15 Prozent Besucherrückgang allein in diesem Jahr und ein Defizit von 3 Millionen.

Nun muss gespart werden: Ein neuer Geschäftsführer soll das Haus an der Friedrichstraße auf Trab bringen, er löst den bisherigen künstlerischen Leiter Thomas Münstermann und seinen kaufmännischen Geschäftsführer Guido Herrmann ab. Am 1. November wird Berndt Schmidt, bisher Leiter eines Stuttgarter Musical-Konzerns, sein neues Amt antreten. Der promovierte Kaufmann hat schon mal vorab Entlassungen angekündigt. Außerdem will er die Produktionen internationalisieren und statt der vielen Hausregisseure Leute aus Las Vegas, Paris und der ganzen Welt holen.

Der Rhythmus an der Friedrichstraße hat sich spürbar beschleunigt. Hoffentlich müssen die Tänzerinnen jetzt nicht doppelt so schnell für gleichen Lohn die Beine schwenken. Dann wäre auch das letzte Stück Glamour dahin. API FOTO: ARCHIV