: „Männer werden anders“
. . . wenn Frauen Führungspositionen besetzen, sagt Monika Piel. Die WDR-Intendantin im Gespräch über die Kontrollierbarkeit der ARD, die Mediathek, Sponsoring – und über männliche Eitelkeiten
INTERVIEW STEFFEN GRIMBERG
taz: Frau Piel, bei Ihrem Dienstantritt als WDR-Intendantin im April haben Sie von Ihrer Lust gesprochen, den „Laden umzukrempeln“. Und?
Piel: Ich möchte gerne einige Fachredaktionen aus Hörfunk und Fernsehen zusammenlegen. Nicht, um eine eierlegende Wollmilchsau zu schaffen und Personal einzusparen. Mir geht es um noch mehr Qualität, um Themen, die man gemeinsam besser machen kann: Wenn sich unsere Wirtschaftsredaktionen im Radio wie im Fernsehen mit dem Thema Rente befassen, sollen sich die Kolleginnen und Kollegen in Zukunft stärker miteinander abstimmen. Wir sind zurzeit damit beschäftigt, ein Konzept zu stricken inklusive der Abstimmung des programmbegleitenden Online-Auftritts.
Auch in der ARD wird von Umbau geredet: Der ARD-Gremienchef fordert etwa mehr zentrale Kontroll-Instanzen. Das fordert Sie als Chefin der größten ARD-Anstalt doch direkt heraus!
Wir haben beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland nun einmal eine föderale Struktur. Dieses System wurde nicht von uns erfunden, sondern ist rechtlich so vorgegeben. Ich will aber nicht drum herumreden: Diese föderalen Strukturen haben durchaus Tücken, bieten aber auch eine enorme Vielfalt, die es bei Zentralinstanzen so wohl nicht gäbe. Denn auch „Das Erste“ der ARD ist kein Zentral-, sondern ein Gemeinschaftsprogramm, dem alle ARD-Sender zuliefern. Und diese neun ARD-Anstalten sind die bestkontrollierten Einrichtungen, die es in diesem Land gibt: Uns prüfen unsere Gremien, Wirtschaftsprüfer, die Landesrechnungshöfe, und die für die Ermittlung der Gebührenhöhe zuständige KEF prüft unseren angemeldeten Finanzbedarf.
Warum gilt die ARD dann als unbeherrschbar?
Ich finde es nicht so schwierig, den WDR zu führen. Wenn Sie aber eine Organisation wie die ARD haben, die aus neun Einzelmitgliedern in ganz unterschiedlicher wirtschaftlicher Position mit oft auch unterschiedlichen Auffassungen in Sachen Programm besteht, wird es schon ein wenig komplizierter. Ich finde aber nicht, dass die ARD unregierbar ist, schließlich finden wir immer einen Kompromiss.
Auch bei der Umsetzung der EU-Auflagen, die die Europäische Kommission mit den Ländern verhandelt hat und die bis 2009 ins deutsche Rundfunkrecht einfließen müssen?
In Brüssel beschäftigt sich immer wieder die für den Wettbewerb zuständige Kommission mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Schon das finde ich bemerkenswert. Ich habe teilweise den Eindruck, bei der EU möchten einige nicht verstehen, wie die ARD funktioniert. Wir werden einfach in die Rolle eines „Marktstörers“ gedrängt. Gut, das deutsche System ist in Europa einmalig – aber ich würde auch kühn behaupten, wir haben dafür den besten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der EU.
Aber diese Umsetzung hat noch gar nicht richtig angefangen, und schon gibt es Streit: Die Länder sagen, das Radioangebot der geplanten ARD-Mediathek sei nicht durch den Rundfunkstaatsvertrag gedeckt.
Das hat mich allerdings überrascht. Denn hier soll nichts Neues dazukommen. Wir wollen lediglich die Podcast- und Audio-Angebote, die sich schon heute auf den verschiedenen Internetseiten der ARD finden, bündeln. Was man dagegen haben kann, ist mir schleierhaft: Vielleicht kennt die Politik unser vollständiges Angebot auch gar nicht. Dann müssen wir das noch mal erläutern und klarmachen: Wir produzieren Inhalte, die wir den Gebührenzahlern so benutzerfreundlich wie möglich zur Verfügung stellen wollen.
Sie haben nach Ihrem Amtsantritt die ARD dazu aufgefordert, über einen Verzicht auf Sponsoring mit Ausnahmen beim Sport nachzudenken. Läuft das Projekt noch? Sponsoring – etwa in Form schlecht kaschierter Bierwerbung vor dem „Tatort“ – geht doch weiter.
Keine Sorge, das „Projekt“ gibt es noch. Allerdings nehme ich auch die Argumente der Anstalten, die gegen einen Ausstieg sind, ernst. Nicht jedes ARD-Mitglied kann den Verzicht auf Sponsoring-Einnahmen so leicht wegstecken wie der WDR als größter ARD-Sender. Im WDR-Fernsehen verzichten wir auf Sponsoring. Rechtlich wäre es übrigens nach wie vor erlaubt. Aber ich bin schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit dafür, es auch im Ersten – mit Ausnahme des Sports – ganz zu lassen. Dafür werde ich weiterhin werben.
Von kommender Woche an läuft „Hart aber fair“ im Ersten. Wie hart trifft den WDR der Aufstieg von Frank Plasberg?
„Hart aber fair“ hatte die beste Quote im gesamten WDR-Fernsehen, da werden wir schon kämpfen müssen. Aber wir waren von dem Format immer überzeugt und haben uns schon lange dafür eingesetzt, dass Plasberg ins Erste Programm kommt.
Vom NDR zum WDR gekommen ist Verena Kulenkampff, die Fernseh-Programmdirektorin. Warum merkt man davon so wenig, woran hapert’s?
Verena Kulenkampff ist noch nicht mal ein halbes Jahr bei uns. Ich finde, dass es an gar nichts hapert – sie macht einen tollen Job. Alle eigenen Vorstellungen gleich in den ersten sechs Monaten umzusetzen, das geht gar nicht. Und was das gesamte Programmangebot angeht: Wir gehen mit dem neuen Politikmagazin „Echtzeit“ nun etwa in eine Experimentierstrecke am späten Sonntag ins Erste.
Wann gibt es die erste WDR-Chefredakteurin?
Die gab es schon mit Marion von Haaren, die zurzeit gute Arbeit in Brüssel leistet. Und wir haben einen ausgezeichneten Fernseh-Chefredakteur. Wenn sich Jörg Schönenborn aber irgendwann verändern möchte, hätte ich auch nichts gegen eine Chefredakteurin im Fernsehen. Im Hörfunk gibt es sie mit Helga Kirchner. Auch wenn ich bemerkt habe, dass es wegen der vielen Frauen in Führungspositionen schon Ängste gibt.
Dagmar Reim ist RBB-Intendantin, Sie beim WDR. Werden die Herren nun vernünftiger?
Ich sage das lieber wertfrei: Sie werden anders. Dagmar Reim und ich, eine von uns war immer die Erste in einem männerdominierten Gremium. Das verändert diese Runden. Eitelkeiten reduzieren sich da ungemein.