: Ein Solo für die Kammerphilharmonie
Um die Rechnungen der Kammerphilharmonie zu bezahlen, werden Rücklagen der Stadtbibliothek abgeschmolzen
Statt der vom Kulturressort bewilligten 1,5 Millionen Euro hat die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen im laufenden Jahr öffentliche Mittel in Höhe von 2,05 Millionen Euro ausgegeben. Das geht aus einer Beschlussvorlage des Finanzsenators hervor. Weil das entstandene Finanzloch die „Existenz der Einrichtung gefährdet“ erhält das Orchester nun einen Sonderzuschuss von 548.000 Euro. Ein gutes Drittel davon entnimmt das Kulturressort aus aufgelaufenen Rücklagen der Stadtbibliothek, der Rest stammt aus freien Kulturmitteln.
Der Geschäftsführer der Kammerphilharmonie, Albert Schmitt, begründet die Etat-Überziehung damit, dass die Vorlaufzeit für die Buchung der Musiker bei drei Jahren liege. Das aktuelle Defizit stamme aus Verpflichtungen, die bereits 2005 eingegangen worden seien. Die Vorgänger von Kultursenator Jens Böhrnsen (SPD) hätten dem Orchester damals „Goodwill signalisiert“. „Das ist jedoch niemals festgeschrieben worden. Und mit dieser Hängepartie leben wir seit Jahren“ so Schmitt. Der Gesamtetat des Orchesters liegt bei 5,5 Millionen Euro.
Kultur-Staatsrätin Carmen Emigholz sagte, über die Maßnahme sei „niemand glücklich“. Doch man habe den „Bestand des Klangkörpers in Bremen sichern“ wollen. Mittel über Umlagen aus anderen Ressorts freizumachen sei ausgeschlossen gewesen. Vor diesem Hintergrund sei der Zugriff auf die „komfortablen“ Rücklagen der Stadtbibliothek, die ebenfalls dem Kulturressort angegliedert ist, eine vertretbare Lösung. Die Stadtbibliothek hat laut Emigholz Rücklagen von über 1,4 Millionen Euro angesammelt. Der Eingriff rette die Kammerphilharmonie und sei für die Bibliothek verkraftbar, so Emigholz. Im Gegenzug werde die Philharmonie auf bestimmte Strukturreformen verpflichtet, die sicher stellen sollen, dass „so etwas zum letzten Mal passiert ist.“
Der finanzpolitische Sprecher der Linkspartei, Klaus-Rainer Rupp, kritisierte die Umschichtung. „Es ist nicht richtig, diejenigen auch noch zu belohnen, die die Haushaltspläne unterlaufen. Doppelt bitter ist es, wenn eine von der gesamten Bevölkerung genutzte Einrichtung wie die Stadtbibliothek darunter leidet.“ cja