: Zittern bis zum Schluss
AFD Für die eurokritische Rechtspartei wäre der Einzug in die Hamburger Bürgerschaft der erste in ein westdeutsches Landesparlament
HAMBURG taz | Schon die ersten Prognosen der Alternative für Deutschland (AfD) signalisiert, dass sie die 5-Prozent-Hürde mit über 5 Prozent knapp überspringen und den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft schaffen würde. Doch hundertprozentige Sicherheit wird das offizielle Endergebnis erst heute bringen.
Der Einzug der Eurokritiker in die Bürgerschaft wäre der erste der neuen Rechtspartei in ein westdeutsches Landesparlament. Hamburg gilt der AfD als „Brückenkopf in den Westen.“ Zugleich soll die absolute Mehrheit der SPD gebrochen werden.
„Ich bin froh, das wir es wohl knapp geschafft haben. Nun werden wir in der Bürgerschaft die Themen ansprechen, um die die anderen Parteien sich herumdrücken“, so AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse in einer ersten Stellungnahme. Seine zentrale Wahlkampfparole war „Political Correctness soll keine Rolle spielen“. Die Kampagne der AfD war entsprechend ein Mix aus Fremden- und Islamfeindlichkeit, Euroskeptizismus und Law-and-Order-Parolen. Das kam offenbar an: Nach ersten Wahlwanderungsanalysen holte die AfD jeweils 6.000 bis 7.000 Stimmen von SPD, CDU und Nichtwählern.
Das „rote“ Hamburg, in dem die Sozialdemokraten bis auf die Zeit zwischen 2001 und 2010 im Abonnement regierten, war schon immer ein gutes Pflaster für Rechtspopulisten. 1993 führte der CDU Dissident Markus Wegner die Statt Partei mit 5,6 Prozent in die Bürgerschaft und ging mit der SPD eine koalitionsähnliche „Kooperation“ ein. Vier Jahre später fehlten der DVU bei 4,977 Prozent nur 190 Stimmen. Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) trat zurück.
2001 erreichte die Partei Rechtsstaatliche Offensive, besser bekannt als Schill-Partei, aus dem Stand 19,4 Prozent und zog als drittstärkste Kraft mit 25 Abgeordneten in Bürgerschaft und Landesregierung ein, in der in einer CDU-PRO-FDP-Koalition Ronald Schill als Innensenator und Zweiter Bürgermeister fungierte. Mehrere Schill-Gefolgsleute, darunter dessen Nachfolger als Innensenator, Dirk Nockemann, hatten sich unter dem AfD-Mäntelchen erneut um ein Abgeordnetenmandat in der Bürgerschaft beworben. MARCO CARINI