KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN ÜBER DIE VERHANDLUNGEN MIT GRIECHENLAND : Gefährliches Spiel mit Maximalforderungen
Es war ein Eklat mit Ansage: Die griechische Zeitung Kathimerini meldete bereits am Sonntag, dass der Gipfel der Eurofinanzminister am Montag scheitern dürfte. Genauso kam es. Nach kürzester Zeit endete das Treffen, bei dem über die griechischen Schulden beraten werden sollte. Anschließend waren beide Seiten nur noch damit beschäftigt, wüste Beschimpfungen auszustoßen. Die Griechen nannten die Ideen der anderen Eurostaaten „absurd“, während die Eurogruppe damit drohte, dass sie sich „nicht mehr herumschubsen lässt“.
Doch inmitten der verbalen Keilerei wurde bereits angekündigt, dass man in den nächsten Tagen weiterverhandelt – was Kathimerini übrigens auch schon geschrieben hatte. Ebenfalls am Sonntag, noch vor dem neuesten Eklat. So sieht eine Gipfelshow fürs Publikum aus.
Bei den allseitigen Drohgebärden geht unter, wie seltsam diese Verhandlungen sind. Denn eigentlich geht es um – nichts. Die Griechen wollen nur, dass der Status quo anerkannt wird. Sie wollen, dass der Rest der Welt versteht, dass sie ihre Schulden nicht bedienen können. An Rückzahlung ist sowieso nicht zu denken, und auch Zinsen sind nicht drin.
Die Chancen stehen daher bestens, dass die Eurozone irgendwann nachgeben wird, weil sie sowieso nichts verliert. Die Frage ist nur noch, wie man dann diese neueste Wendung inszeniert. Vielleicht können sich die Finanzminister nicht mehr einigen, weil sie alle wie die Gorillas auf den Bäumen sitzen und heftig mit den Armen wedeln. So schnell kann man gar nicht wieder zum Boden der Tatsachen absteigen.
Aber es gibt ja noch eine Crew, die bisher nur im Hintergrund agiert: EU-Kommissionspräsident Juncker sowie die Regierungschefs, inklusive Kanzlerin Merkel und Premier Tsipras. Die Chefs nehmen die Chance bestimmt gern wahr, sich doch noch zu einigen und sich als diplomatische Genies zu profilieren.
So lächerlich die Gipfelshow ist: Die Risiken sind erheblich. Viele Griechen räumen ihre Konten – was wiederum die Europäische Zentralbank unter Druck setzt, weil sie griechischen Konkursbanken mit immer neuen Notkrediten helfen muss. Dies ruft wiederum europäische Populisten auf den Plan, die eine Inflation selbst dann wittern, wenn man mitten in der Deflation festsitzt. So bequem die Gipfelshow für die Politiker der Eurozone ist: Man muss sie dringend beenden.