hamburger szene : Erbarmen
Schichtwechsel im Umkleideraum des Sportvereins: Die Jungen, frisch gestretched und geräkelt, gedehnt und entspannt, gingen. Die Alten kamen. Was sie hier vorhatten, ließ sich nur erahnen, wahrscheinlich Gymnastik, „Fit ab 50“, „Rücken + Fitness + Klavier“ oder wie derartige Gruppen auch heißen.
Während wir uns schamhaft und schnell in der leicht muffig warmen Umkleide umzogen, machten die Seniorinnen es sich erstmal so richtig gemütlich. Photos vom letzten gemeinsamen Wanderausflug wurden herumgereicht, halb bekleidete Frauen standen vor ihrem Stammschließfach und zogen sich, offensichtlich mit einigem Genuss, die Sportsocken an, während sie sich noch nach dem Wohlbefinden des Ehegatten ihrer Gesprächspartnerin erkundigten.
Es waren noch fünf Minuten, bis die nächste Stunde anfing, da machten plötzlich die Tüten mit dem Kürbis die Runde. Wer denn ein wenig Kürbis wolle, fragte eine der halb bekleideten Damen jetzt salopp und hob zwei, drei Plastiksäcke hoch, mit gut zwei Kilo in jeder. Aber: Keine der anwesenden Damen wollte. Er sei aber doch aus ihrem Garten, sagte die Besitzerin, und wurde gefragt, was man denn mit Kürbis so machen könne. Na, so allerhand, sagte sie – wobei: So genau wisse sie es selbst auch nicht. Deshalb habe sie ja welchen mitgebracht. Ich bekam eine Tüte angeboten und, anders als die anderen, erbarmte mich der Familienportion des „Gelben Zentners“. REBECCA CLARE SANGER