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Archiv-Artikel

sonntaz-Artikel schlägt Wellen

ATOMLOBBY Grüne und SPD fordern Lobbyregister, Professor bekommt Ärger

Vor einer Woche schrieben wir in der sonntaz darüber, wie die Atomlobby vor der letzten Bundestagswahl mit bezahlten Wissenschaftlern, instrumentalisierten Frauengruppen und bewirteten Journalisten Einfluss auf die öffentliche Meinung nahm. Parallel dazu stellten wir die Dokumente, die unserer Recherche zu Grunde lagen, im Internet zum Download. Damit haben wir einigen Wirbel ausgelöst.

Bereits kurz nach Veröffentlichung reagierte der Branchendienst Meedia und attestierte der taz einen „Coup“. Das Online-Magazin recherchierte selbst in den Dokumenten und beleuchtete auch Seiten, die die taz zuvor nicht in ihrer Berichterstattung aufgegriffen hatte. Auch Spiegel Online, verschiedene Nachrichtenagenturen und Lokalzeitungen griffen das Thema auf. Am Mittwoch beschäftigte sich das NDR-Medienmagazin Zapp mit den Dokumenten.

Zuvor hatte sich der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber für ein verbindliches Lobbyregister ausgesprochen. Darin müsse transparent gemacht werden, welche Interessenvertreter für wen tätig seien: „Es kann nicht sein, dass es eine Frage des Geldes ist, aus einer Minderheitenmeinung eine vermeintliche Mehrheitsmeinung zu machen.“ Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin sagte: „Die Veröffentlichungen zeigen, dass es mit einer generalstabsmäßigen und guten Kampagne möglich ist, einen großen Teil redaktioneller Berichterstattung zu beeinflussen.“

Das Deutsche Atomforum gab sich dagegen gelassen. „Es ist ein ganz üblicher Vorgang, dass man über Öffentlichkeitsarbeit versucht, die Öffentlichkeit zu beeinflussen“, sagte Geschäftsführer Dieter Marx. „Das macht Greenpeace auch.“ Auch die Agentur Deekeling Arndt Advisors, die im Auftrag des Atomforums die Kampagne umgesetzt hatte, konnte daran nichts Problematisches erkennen: Man stehe „auch heute uneingeschränkt zu den Zielen der damaligen Arbeit: Versachlichung einer hoch emotionalisierten und politisierten Debatte sowie der ideologiefreie Dialog“. Die Arbeit sei „nach unserer Überzeugung in professioneller und moralisch unangreifbarer Weise ausgeführt worden.“

Die Humboldt-Universität Berlin schätzt das ganz anders ein. Das Atomforum hatte bei Joachim Schwalbach, Management-Professor an der Universität, eine Studie über die „Gesellschaftsrendite der Kernenergienutzung“ in Auftrag gegeben und wollte dafür 135.000 Euro zahlen. Doch das Honorar sollte an die Firma der Ehefrau des Professors fließen. Universitätspräsident Jan-Hendrik Olbertz sagte im taz-Interview: „Was meinen Sie, wie intensiv darüber an der Universität diskutiert wird!“ Das Verhalten des Professors könne „die Reputation einer Universität tangieren“. Olbertz: „Herr Schwalbach sieht selbst, dass er einen Fehler gemacht hat, dessen Konsequenzen fatal sind.“SEBASTIAN HEISER, MARTIN KAUL