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Archiv-Artikel

Rheinsberg ist strahlende Altlast los

Kernreaktor wurde gestern nach Greifswald gebracht. Gegnern gelingt symbolische Blockade des Transports

Der radioaktive Reaktordruckbehälter aus dem stillgelegten DDR-Kernkraftwerk Rheinsberg ist gestern auf die Reise ins Zwischenlager Nord in Lubmin bei Greifswald gegangen. Am Vormittag verließ der rund 200 Tonnen schwere Transport das einstige Betriebsgelände am Großen Stechlinsee. Die Ankunft im Zwischenlager war nach Angaben einer Sprecherin der Energiewerke Nord (EWN) für die späten Abendstunden zwischen 22 und 23 Uhr vorgesehen. Atomkraftgegnern, die im Vorfeld auf ihrer Ansicht nach marode Brücken hingewiesen hatten, gelang es, den Transport für kurze Zeit zu blockieren.

Symbolische Blockaden

Die Atomgegner hatten im Vorfeld des Transports symbolische Blockaden angekündigt. Bernd Ebeling von der Uelzener Bürgerinitiative gegen Atomanlagen sagte gestern, weitere juristische Schritte gegen die Beförderung des Reaktors seien nicht geplant. Das Verwaltungsgericht Köln hatte am Montagabend einen Antrag der Initiative gegen das Eisenbahnbundesamt abgelehnt, mit dem die Behörde kurzfristig zum Verbot des Transports verpflichtet werden sollte. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, dass das Eisenbahnbundesamt die Sicherheitslage falsch eingeschätzt habe, hieß es zur Begründung.

Der Reaktordruckbehälter, in dem die Kernspaltung des Kraftwerks stattfand, war nach Angaben der Energiewerke Nord 24 Jahre im Einsatz und ist rund 110 Tonnen schwer sowie rund 11 Meter lang. Er wurde zur Vorbereitung des Ortswechsels in einer 15 Zentimeter starken Stahlhülle verschlossen, die die radioaktive Strahlung abschirmen soll. Am Donnerstag ist geplant, den Reaktorbehälter bei Greifswald von dem für den Transport verwendeten Spezialeisenbahnwaggon in das Zwischenlager umzuladen. Es ist laut EWN der bundesweit erste derartige Transport.

Bereits am Montagabend nahmen nach Polizeiangaben 20 bis 25 Menschen an einer Demonstration gegen die Streckenführung im brandenburgischen Lindow teil. Bis gestern Mittag war an einer Brücke des Ortes eine Mahnwache angemeldet, die im Anschluss an die Demonstration am Montagabend begonnen habe, sagte Polizeisprecherin Dörte Röhrs in Rheinsberg. Bei Dierberg (Ostprignitz-Ruppin) gelang es den Atomgegnern dann kurzzeitig, den Spezialtransport zu stoppen. Nach Angaben der Polizei wurde der Zug für knapp zehn Minuten aufgehalten. Fünf Protestierer hatten ein Transparent über die Gleise gespannt. In Lindow musste der Atomtransport drei Brücken passieren, die Umweltschutzinitiativen als stark baufällig bewerten und die von der Bahn für den Schwertransport verstärkt werden sollten.

1990 abgeschaltet

Das zehn Kilometer nordöstlich von Rheinsberg am Großen Stechlinsee gelegene Kernkraftwerk wurde 1966 als erstes von zwei Atomkraftwerken der DDR in Betrieb genommen. Der erste im Ausland errichtete russische Druckwasserreaktor vom Typ WWER-2 mit einer Leistung von 70 Megawatt wurde schon am 1. Juni 1990 endgültig vom Netz genommen. Die Demontage begann im Frühjahr 1995 und soll 2012 abgeschlossen werden. Die verbrauchten Brennelemente sind bereits im Mai 2001 mit einem Castortransport nach Greifswald gebracht worden. EPD