Häftlinge beschweren sich

Zu wenig Personal, keine Möglichkeiten zum Sport, Schimmelpilze in den Duschen: 100 Gefangene in der Untersuchungshaft fordern dringend die Verbesserung ihrer Haftbedingungen

von Eiken Bruhn

Wochenlang kein Sport, Schimmelpilze in den Duschen, Milbenbefall auf den Zellen und vor allem viel zu wenig Personal, dessen durch Überlastung entstandener Frust sich nicht selten an den Gefangenen entlädt. So schildert Kenan Kilic seine sechs Monate in der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt in Oslebshausen.

Seit einer Woche ist er wieder draußen. Mitgebracht hat er einen dreiseitigen handschriftlichen Brief, unterzeichnet von rund 100 Untersuchungshäftlingen, die sich über ihre Haftbedingungen beschweren. Von „ständiger Unterbesetzung“ ist darin die Rede, was unter anderem dazu geführt habe, dass die U-Häftlinge kaum Sport machen können. Etwa zehnmal in sechs Monaten, so schätzt Kilic, hätte er sich in seiner täglichen Freistunde sportlich betätigen können. „Das ist zu wenig“, kritisiert der 32-Jährige, der wegen einer Schlägerei einsaß.

Aber nicht nur am Personal mangele es, sagt Kilic, sondern auch an der Hygiene. So hätten in seinen ersten fünf Knast-Monaten nur vier von acht Duschen funktioniert. Wenn dann 50 Insassen in ihrer freien Stunde duschen wollen, werde es eng, sagt Kilic. Häufig komme es zu Streitereien, weil jemand länger dusche und andere das Warten satt haben. „Die muss man dann rausschmeißen“, erzählt Kilic. Weitere Kritikpunkte: Pakete und von Angehörigen gewaschene Kleidung würden nicht zeitnah den Gefangenen ausgehändigt, Gottesdienste könnten nicht regelmäßig besucht werden. „Das kann doch so nicht weitergehen“, sagt Kilic. „Eigentlich gehen die Leute doch in den Knast, damit sie sich bessern, aber so werden sie nur schlechter.“ Das Personal nimmt er dabei ausdrücklich in Schutz, das sei Opfer der Sparpolitik und einer Anstaltsleitung, die sich der Probleme nicht annehme. „Die neue ist nicht besser als die alte.“

Diese Einschätzung teilt der Knast-Personalrat Uwe Ballandis überhaupt nicht. Seit Silke Hoppe im August den alten Anstaltsleiter Manfred Otto abgelöst habe, könne er sich nicht mehr beschweren, so Ballandis. Für das Personal habe sich die Situation seitdem merklich verbessert, „die Stimmung ist gut und alles, was wir anfangen wollen, klappt“, sagt Ballandis. Etwa hätten sie kurzfristig ein Notrufsystem bekommen. Die Personalsituation sei nach wie vor eng, aber er habe die Hoffnung, dass diese sich noch etwas bessern wird. Allerdings könne er nachvollziehen, dass sich für die Gefangenen noch nicht viel geändert habe. „Das Essen ist noch so wie es immer war“, und die Sanierungsmaßnahmen mehr als überfällig. „Es gibt zu wenig Duschen und hoffentlich gibt es die irgendwann auch in den Zellen.“ Und mehr Zuwendung hätten die Häftlinge auch verdient, aber das sei mit der Personalsituation nicht mehr zu leisten.

Die Anstaltsleiterin wollte sich bis Redaktionsschluss nicht zu den Vorwürfen im Einzelnen äußern. „Sie hat den Brief nicht bekommen und musste ihn sich erst besorgen“, sagte ihre Sprecherin Claudia Schilling. Sie wolle sich aber umgehend ein Bild von der Lage machen.

Am Mittwoch sind zumindest die Sanierungsmaßnahmen Thema im Rechtsausschuss der Bürgerschaft. „Es ist bekannt, dass etwas passieren muss“, sagt der rechtspolitische Sprecher der SPD, Thomas Ehmke. Wann welche der im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungs-„Schritte“ getan würden, könne man erst sagen, wenn der Landeshaushalt beschlossen sei.