: Großes Fest in La Ceiba
Bei „Sopa de Caracol“ können die Besucher mitsummen – das Lied ist auch in Deutschlands Latino-Tanzsälen bekannt. Die honduranische Karibikküste will von Urlaubern entdeckt werden
Anreise Iberia fliegt täglich direkt nach San Pedro Sula via Madrid für rund 1.050 Euro. Mit Lufthansa über Miami, von weiter mit Taca, etwa 1.500 Euro.
Übernachtungen La Ceiba: Plantation Beach Resort, Cayo Cochinos, 90 US-Dollar. Abholservice vom Flughafen El Ceiba und Bootstransport für 80 US-Dollar. E-Mail: pbr@laceiba.com, www.plantationbeachresort.info, Tel.: 0 05 04-4 42-09 74. Lodge Pico Bonito, Suite 250 US-Dollar, Tel.: 0 05 04-4 40-03 88, In Tela: Hotel Villas Telamar, Tel. 0 05 04-4 48 21 96, www.telamar.com, ab 51 Euro
Sehenswertes Wanderungen zum 2.345 Meter hohen Pico Bonito mit fantastischer Aussicht. In Tela kann man Boote mieten, um den Naturschutzpark „Jeannette Kawas“ mit der Halbinsel Punta Sal zu sehen.
Experten in Rundreisen: Garífuna Tours, www.garifunatours.com
Reise-Infos www.letsgohonduras.com www.hondurastips.honduras.com www.laceiba.com HUD
VON HANS-ULRICH DILLMANN
Die Herrschaften sind sichtbar ungehalten. Wild gestikulieren sie vom Anlegesteg her. Und die Zeichen lassen wenig Interpretationsspielraum: Haut ab mit eurem Boot. Trotz gleißender Sonne sind große Scheinwerfer und Sonnenreflektoren aufgebaut. Ein Kameragalgen schwenkt immer wieder auf eine Gruppe von Männern und Frauen in Badebekleidung, die inzwischen auch schon unruhig die Szene vor dem Bootssteg beobachten.
Lester, der Skipper an der Steuerpinne, hat die Botschaft von der kleinen Insel längst begriffen. Ein Kräftespiel zur Gaudi der Bootsinsassen, das mit dem Erscheinen von Sicherheitspersonal auf der Insel endet. „Die wollen keine unliebsamen Zuschauer“, sagt er. Auf der honduranischen Karibikinsel Cayo Culebra, der Schlangeninsel, wird eine weitere Folge der italienischen Reality Show „L’Isola die Famosi“ gedreht. Mit bedauerndem Achselzucken dreht Lester das Schnellboot ab.
Dafür gibt der Bootsmann eine eigene Showeinlage. Während Lester plötzlich den Außenbordmotor abwürgt, stürzt sich Aloin kopfüber ins drei Meter tiefe smaragdfarbene Wasser. Sekunden später taucht er mit einem vier Handbreit großen lachsroten Riesenseestern wieder auf. Neugierig bestaunen alle die stachelige Oberfläche. Niemand will ihn mitnehmen. Einige Sekunden schaukelt der Seestern noch in der Dünung, dann sinkt er, kleine Luftblasen hinterlassend, wieder auf den Meeresboden zurück. Lester steuert jetzt ein anderes Eiland an.
Cayo Mayor ist eine kleine Insel, die von einem steilen Berg dominiert wird. Ein dünner weißer Sandstreifen unterhalb des mit sattem grün bewachsenen Hügels verspricht einen idyllischen Strand für ein paar Stunden Baden und Schnorcheln. Peter Ried empfängt die Besucher am Anlegesteg. Der 39 Jahre alte Bremerhavener lebt seit knapp vier Jahren auf der Insel. Nach einem Segeltörn an der spanischen und westafrikanischen Küste entlang und über den Atlantik ist er über Barbados, St. Vincent und Venezuela nach Honduras gekommen. Nachdem er jahrelang auf dem Boot gelebt hat, arbeitet er jetzt als Techniker im Hotel Plantation Beach Resort. Vornehmlich Taucher kommen auf die Insel, um die Korallenriffe und die reichhaltige Fischwelt unter Wasser zu entdecken.
Die Gruppe von 16 kleinen Cochino-Inseln vor der Stadt La Ceiba ist Naturschutzgebiet. Während deutsche Touristen noch zurückhaltend auf das Ferienangebot in Honduras reagieren, kommt inzwischen einmal wöchentliche eine Chartermaschine vom Apenin auf die Insel Roatan, zu Ferien in der Nähe der „Insel der Berühmten“ – der Spielshow sei dank. Allerdings sind die touristischen Massen, die man sich vor Jahren erhofft hatte, bislang ausgeblieben.
Und zum Glück hat ein Umdenken bei den Verantwortlichen der honduranischen Touristikbranche dazu geführt, dass Pläne für Großhotelanlagen in der Schublade verschwunden sind. Dafür gibt es Sand, Strand, und in ein paar Kilometern Entfernung einen riesigen Naturpark. Der fast 2.500 Meter hohe Pico Bonita mit seinen Regenwäldern macht die einstige Bananenmonokulturregion zu einem erstklassigen Urlaubsrevier für Individualreisende. Es gibt unbewohnte Winzinseln, kleine Hotels und Pensionen sowie ein Angebot an Restaurants und Kneipen, die auch für Reisende mit begrenztem Urlaubsbudget erschwinglich sind. Und dazu noch Bewohner, bei denen Gastfreundschaft groß geschrieben wird und die bei einem eiskalten Bier neugierig den Besucher über das Leben in Europa ausfragen. „Wir setzen auf naturverträglichen Tourismus, von dem auch die Bevölkerung profitiert“, sagt die Tourismusverantwortliche von La Ceiba, Anaité Seibt.
Ein Großteil der Bewohner der Karibikküste Honduras sind Garífunas – eine englischsprachige Minderheit im spanisch dominierten mittelamerikanischen Staat, der zu den ärmsten der Region zählt. Ursprünglich stammen die Garífunas von afrikanischen Sklaven ab. Vor über 200 Jahren sollten sie nach einem Aufstand gegen die Briten auf der Karibikinsel St. Vincent nach Mittelamerika verschleppt werden. In den Untiefen von Honduras lief die Galeerenflotte auf Grund, den Garífunas gelang die Flucht. Rund 100.000 Garífunas leben in Honduras und Guatemala.
Gerade mal 250 Menschen wohnen auf Inseln wie zum Beispiel Cayo Chachuate. Ein Dutzend Häuser, ein Militärposten und ein kleiner Tante-Emma-Laden, aus dessen Fenster eine freundlich lächelnde rundliche Dame die unverhofften Besucher bewirtet. Bier gibt es – und Gifiti: 27 verschiedene Wurzel- und Holzarten sowie Kräuter sind mit Rum aufgesetzt. „Viagra de Garífunas“, preist die Verkäuferin mit schelmischem Lächeln ihren Aufgesetzten an und blinzelt komplizenhaft mit dem Auge. Die 9-jährige Alva verkauft dazu Pan Dulce mit Kokosnussmasse zubereitet. Ein spontanes Fest nimmt seinen Anfang mit kreisender Flasche und karibischen Klängen.
„Die Garífunas sind fröhliche Menschen, sie haben noch eine Identität und sind Stolz, bewundert Peter Ried die Bewohner der Region. Sie hätten sich schon umweltverantwortlich verhalten zu Zeiten, wo diese Begriffe im Tourismus noch keinen Eingang gefunden hatten. Die Garífunas fischen mit Handleinen, erklärt Ried. Dadurch würden die Riffe nicht beschädigt, die Unterwasserwelt behalte ihren Reiz und der Küstenstreifen werde nicht überfischt. „Ich fühle mich wohl und lebe gerne mit ihnen.“ Ideale Voraussetzungen für einen „sanften Tourismus“‘, bei dem das Naturerlebnis im Vordergrund steht, findet auch Anaité Seibt.
Triunfo de la Cruz heißt die größte Ansiedlung der Garífunas an der honduranischen Karibikküste. Don Ceferino wohnt hier. „König der Trommeln“ wird er wegen seiner Fertigkeit genannt, die besten Trommeln der Region herzustellen. Don Ceferino höhlt in tagelanger Arbeit mit Stechbeitel und Hammer Stämme aus Palmholz oder dem Avocadobaum aus. Überzogen werden die Resonanzkörper dann mit gewässertem Ziegenleder, das noch im feuchten Zustand aufgezogen wird. Seine Trommeln dröhnen, wenn ein großes Fest gefeiert wird, aber auch wenn die mit rund 100 Euro monatlichem Durchschnittseinkommen nicht gerade begüterten Garífunas einen nahen Verwandten zu Grabe tragen. Es muss ein großes Fest sein, für das sich jede Familie notfalls bis über beide Ohren verschuldet. Und es muss ein fröhliches Fest sein, damit dem Verstorbenen der Übergang in die andere Welt erleichtert wird.
Am Abend präsentiert sich La Ceiba, „die Braut Honduras“, noch immer von ihrer fröhlichen Seite. Im Zentrum der Kleinstadt spielen Garífuna-Musiker mit ihren schweren Baumtrommeln auf, zu denen junge Frauen und Männer Punta vorführen, ein Tanz aus der Folklore der Garífunas. „Sopa de Caracol“ können auch die Besucher mitsummen, denn das Lied ist in Deutschlands Latino-Tanzsälen bekannt. Die wenigsten wissen aber, dass es sich dabei um einen Song aus dem Musikfundus der Garífunas handelt. Und selbstverständlich ist auch das Büfett ganz nach dem regionalen Speiseplan ausgerichtet. Reiseleiter Eli freut sich über die scharf gewürzte Seemuschelsuppe, Kasabe, einem aus Maniokwurzeln hergestellten und über offenem Feuer gebackenen Fladenbrot sowie frittierte Kochbananen.
Und endlich kann Eli Gonzales mit einem Spruch Honduras charakterisieren, dem der Besucher nur zustimmen kann: „Tegucigalpa, die Hauptstadt des Landes, verwaltet; San Pedro Sula, das Wirtschaftszentrum im Nordwesten, arbeitet – und La Ceiba feiert.“ Eine Arbeitsteilung, der man als Urlauber einiges abgewinnen kann, wenn man am nächsten Tag mit einem Motorboot rasant die Wellen vor der Karibikküste durchschneidet und neben dem Boot rosa schimmernde Delfine auf- und abtauchend Geleitschutz bieten.