: „Lustige Fragen“
Während weiter gegen Nikolai Dawidenko ermittelt wird, müht sich Rafael Nadal zu einem ersten Sieg beim Masters Cup der Tennisprofis in Fernost
AUS SCHANGHAI DORIS HENKEL
Keine Frage, Laury Dizengremel ist das Hin und Her der vergangenen Wochen um die Besetzung der letzten Plätze für den Masters Cup an die Nerven gegangen. Die französische Bildhauerin war mit dem Projekt betraut worden, die acht Kandidaten für Schanghai nach dem Vorbild der berühmten chinesischen Terrakotta-Armee als Skulpturen anzufertigen. Und so einen kompakten Krieger zaubert man ja nicht aus der hohlen Hand. Mit den letzten beiden konnte sie erst vor einer Woche beginnen. Sonntagmittag, vor dem ersten Spiel beim letzten Turnier des Jahres 2007, wurde die acht Mann starke Armee des Tennis in der Qi-Zhong-Arena feierlich enthüllt. Laury Dizengremels Auftrag war erfüllt.
Deutscher unter Verdacht
Andere Baustellen des einstmals blütenweißen Sports sind dagegen weiter in Betrieb. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag soll der deutsche Profi Philipp Kohlschreiber in Wettbetrügereien verstrickt sein. Kohlschreiber steht angeblich auf der so genannten „Watch List“ der Spielervereinigung ATP (Association of Tennis Professionals); in diesem Dokument sind 140 Matches aus den vergangenen fünf Jahren (Juli 2002 bis September 2007) aufgelistet, bei denen der Verdacht besteht, dass diese manipuliert wurden. Außerdem sprach die ATP am Wochenende eine erste Strafe wegen eines Vergehens gegen das Antikorruptionsprogramm aus.
Der Italiener Alessio di Mauro, Nummer 124 der Welt, wurde als Unterhalter eines Kontos bei einem Online-Wettbüro zu neun Monaten Sperre und 60.000 Dollar Geldstrafe verurteilt. Die ATP teilte allerdings auch mit, di Mauro habe weder auf den Ausgang eigener Spiele gewettet noch sei er an einer verbotenen Absprache beteiligt gewesen. Der Italiener ließ daraufhin verlauten, er erachte die Strafe als viel zu hart und werde sich an den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne wenden.
Jener Mann, der zurzeit im Mittelpunkt der spektakulärsten Ermittlungen steht, ist in Schanghai dabei. Vor seinem ersten Auftritt berichtete Nikolai Dawidenko von einer offiziellen Befragung seines Bruders und Trainers Eduard, seiner Ehefrau Irina und seines Managers in der vergangenen Woche. Die Ermittler hätten „lustige Fragen“ gestellt. Ihm selbst ist das Lachen längst vergangen. Seit er im August bei einem Turnier in Polen im Spiel gegen den Argentinier Martin Vasallo Arguello nach Gewinn des ersten Satzes verletzt aufgegeben und der englische Online-Wettanbieter Betfair daraufhin auffällig hohe Wetten auf den Argentinier ausgesetzt hatte, steht Dawidenko unter Beobachtung.
Beim Turnier in St. Petersburg wurde er im Herbst wegen Passivität mit einer Geldstrafe belegt. In Paris handelte er sich vorvergangene Woche nach einer Serie von Doppelfehlern im Spiel gegen Marcos Baghdatis aus dem gleichen Grund eine Verwarnung ein. In beiden Fällen fühlt er sich ungerecht behandelt, und auch die abenteuerlichen Gerüchte, irgendjemand habe Thomas Haas beim Davis-Cup-Halbfinale gegen die Russen in Moskau Mitte September Gift in den Kaffee gemixt, lassen ihn nicht kalt. „Zurzeit kommen blödsinnige Dinge über Tennis raus, und mein Name steht auf der Liste immer ganz oben“. Obwohl er behauptet, allmählich habe sich er fast daran gewöhnt, sehnt er das Saisonende wohl noch ein wenig mehr herbei als die anderen.
Favorit Federer
Für Dawidenko wird das ultimativ letzte Turnier des Jahres diesen Montag gegen den Amerikaner Andy Roddick beginnen. In der anderen Gruppe gewann Rafael Nadal am Sonntag das erste Spiel gegen Richard Gasquet (3:6, 6:3, 6:4). David Ferrer besiegte den etwas müden Novak Djoković 6:4, 6:4. Federer ist Titelverteidiger und auch diesmal Favorit auf den Gewinn des opulenten Preisgelds in Höhe von 1,52 Millionen Dollar. Jener Mann, gegen den er im spektakulären Finale vor zwei Jahren verloren hatte, David Nalbandian, gehört nicht zu den Männern der Terrakotta-Truppe. Um elf Punkte hatte der Argentinier die Qualifikation für den Masters Cup verpasst.