AMERICAN PIE : Eine Komödie für Hollywood
FOOTBALL Seit 1994 hat Los Angeles kein NFL-Team mehr. Die Stadt will das möglichst schnell ändern und wirbt kräftig. Nun wollen sogar drei Klubs umziehen
Es war einmal die erfolgreichste Sportliga der Welt. Die Spiele der Liga wurden in aller Herren Länder so gern gesehen, dass die Liga so märchenhaft reich wurde, dass sie ihren Spielern und Trainern viele Millionen Dollar zahlen konnte – und trotzdem noch genügend Geld übrig blieb, dass die Teambesitzer in Saus und Braus leben konnten. Nur hinter den hohen Bergen, die als Rocky Mountains bekannt sind, in einer Traumstadt namens Los Angeles, wo die Schönen und die Reichen in Automobilen ohne Dach herumfuhren, ausgerechnet dort hatte man von der tollen Liga eine gefühlte Ewigkeit lang nichts mehr gesehen. Das konnte nicht so bleiben. Also wurden Emissäre ins Land geschickt, die herausfinden sollten, ob sich nicht die eine oder andere Mannschaft finden ließe, die den weiten Weg in den Westen auf sich nehmen wollte, um den bedauernswerten Menschen dort den Football zu bringen. Doch die Emissäre waren zu erfolgreich: Plötzlich wollten sich gleich drei Mannschaften von den Reichen und Schönen bejubeln lassen.
Seit sich 1994 die Los Angeles Raiders in die Oakland Raiders verwandelten und die Los Angeles Rams in die St. Louis Rams, gab es keinen Profi-Football mehr in der zweitgrößten Wirtschaftsregion der USA nach dem Großraum New York. Lieber überließ die NFL der Konkurrenz das Geschäft: Insgesamt fünf Profi-Franchises aus Basketball, Baseball und Eishockey sind in Los Angeles beheimatet. Ausgerechnet die NFL, die so geschickt wie keine andere Sport-Organisation ihr Produkt vermarktet, ist nicht mehr präsent in der Stadt, die das globale Film- und Fernsehgeschäft beherrscht. Nun aber kommt langsam Bewegung in die leidige Angelegenheit: Eric Grubman, der zuständige NFL-Vizepräsident, bezifferte gegenüber Sports Illustrated die Wahrscheinlichkeit, dass im Jahr 2020 ein NFL-Team in der Entertainment-Kapitale zu Hause sein könnte, auf „mittlerweile mehr als 50 Prozent“.
Allerdings: Nachdem ewig niemand nach Los Angeles wollte, gibt es nun plötzlich drei Franchises, die die Football-Diaspora wiederbeleben könnten. Die San Diego Chargers und die Oakland Raiders haben Pläne für ein gemeinsames, 1,7 Milliarden teures Stadion in Carson, einem Vorort von Los Angeles, vorgelegt. Und vergangene Woche hat der Stadtrat des nur 20 Autominuten entfernten Inglewood beschlossen, ein Football-Stadion für 80.000 Zuschauer zu projektieren. Erster Anwärter, dort einzuziehen, sind die St. Louis Rams.
Noch aber sind das nur Pläne. Die Chargers und die Raiders stehen immer noch in Verhandlungen mit den Städten, in denen sie momentan spielen. In denen dient der mögliche Umzug nicht zuletzt als Drohgebärde, um billiges Bauland, kräftige Beteiligung der Kommune und günstige Mietbedingungen auszuhandeln. Beide Klubs hoffen, dass in San Diego beziehungsweise Oakland neue Stadien für sie gebaut werden. Ein beliebtes Spielchen überall in den USA, wo immer wieder Städte auf Stadien sitzen bleiben, weil den Teams anderswo schicke Sportpaläste mit größeren Verdienstmöglichkeiten versprochen werden. Auch in St. Louis ist die Stadtverwaltung mittlerweile nervös geworden und arbeitet panisch daran, den Rams das Bleiben zu versüßen. Als kleines Schmankerl hat man 3-D-Computergrafiken veröffentlicht, wie ein Stadion im Herzen von St. Louis, direkt am Ufer des Mississippi, aussähe. Kostenpunkt: eine (vergleichsweise preiswerte) Milliarde Dollar.
Kompliziert wird die unübersichtliche Gemengelage aus drei Franchises und vier Städten durch die Tatsache, dass jedem Umzug einer Mannschaft 75 Prozent aller NFL-Teams zustimmen müssen. Die Chargers beispielsweise können – selbst wenn sie nicht umziehen – kein Interesse an einem und erst recht nicht an zwei Teams in Los Angeles haben. Denn momentan schöpfen sie vom südlich gelegenen San Diego den dortigen Markt zumindest teilweise ab. Gleiches gilt für die Oakland Raiders im Norden. Oder die San Francisco 49ers. Die immerhin wissen, dass sie bleiben wollen, wo sie sind. Schließlich sind sie erst im vergangenen Jahr in ein neues 1,3-Milliarden-Stadion eingezogen. THOMAS WINKLER